📩 Russland-Affäre: Schweizer Nachrichdienst gefährdet das eigene Land

EKR fordert allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, weniger Tabakwerbung, Israel droht Regierungskollaps

Guten Morgen
Wäre Dürrenmatt noch am leben, dann hätte er heute bloss dieses Briefing lesen müssen, um neuen Stoff für seinen nächsten Krimi zu finden.

Ein Cyber-Team des Schweizer Geheimdienstes pflegte enge Kontakte mit der russischen Softwarefirma Kaspersky. Pikant: Dabei sollen auch streng geheime Daten Richtung Kreml geflattert sein - und vielleicht auch Informationen zum Nervengift-Anschlag auf den russischen Geheimdienstler Sergey Skripal.

Ausserdem in diesem Briefing: Die eidgenössische Kommission gegen Rassismus fordert ein allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und das Parlament möchte Tabakwerbung stark einschränken. Viel Spass beim Lesen.

Russland-Affäre im Schweizer Geheimdienst

«Das ist Spionage im Interesse Russlands»

Über die Firma Kaspersky sollen sensible Daten aus der Schweiz nach Russland geflossen sein (Foto: Unsplash)

Der Nachrichtendienst des Bundes steht gerade mit heruntergelassener Hose da: Eigentlich wäre es seine Aufgabe, die Schweiz vor ungewünschten nachrichtendienstlichen Einflüssen zu schützen.

SRF-Investigativ gibt nun Anlass zur Vermutung, dass das glatte Gegenteil der Fall sein könnte: Sie deckte soeben eine langjährige Affäre zwischen dem Cyber-Team des Schweizer Geheimdienstes und der russischen Softwarefirma Kaspersky auf. Dabei sollen auch hochsensible Daten an russische Geheimdienste geflossen sein.

Diese heiklen Informationen hat das SRF einem geheimen, bisher nicht veröffentlichten Bericht des NDB entnommen.

Vor einigen Jahren wurde dem NDB schon einmal vorgeworfen, zwischen 2015 und 2020 illegal Daten beschaffen zu haben.

Der aktuelle Fall ist sicherheitspolitisch noch schwerwiegender.

Der Grüne Nationalrat Balthasar Glättli, der sich intensiv mit der Arbeit des Geheimdienstes auseinandersetzt, fand dafür auf den sozialen Medien klare Worte: «Das Vertrauen in den Nachrichtendienst ist international wie national auf dem Nullpunkt. Das darf nicht mit zusätzlichem Geld und mit Vollmachten zu Überwachung und Bespitzelung belohnt werden!»

Im Geheimbericht werde ein konkreter «äusserst kritischer Datenabfluss» benannt. Mit der Schweiz befreundete Geheimdienste nahmen das 2018 zum Anlass, der Schweiz Vorwürfe «bezüglich illegaler Datenweitergabe» zu machen, stehe im Geheimbericht weiter.

Auffällig sei zudem eine zeitliche Übereinstimmung zwischen diesen Datenabflüssen und der Vergiftung des ehemaligen Doppelagenten Sergey Skripal und seiner Tochter in England im März 2018. Dahinter sollen mutmasslich russischen Geheimdienstagenten gewesen sein.

Spiegel Investigativjournalist Christo Grozev sagt gegenüber dem SRF, das Verhalten des NDB sei «extrem naiv». Und weiter: «Das ist Spionage im Interesse Russlands.»

Schon 2022 erliess die deutsche Regierung eine offizielle Warnung vor dem Gebrauch von Antivirensoftware des russischen Herstellers Kaspersky. Seit dem letzten Jahr ist der Gebrauch von Kaspersky Software in den USA verboten. Die Firma wird verdächtigt, mit russischen Behörden zusammenzuarbeiten.

Bundesrat Martin Pfister, der dem Geheimdienst vorsteht, hat eine externe Administrativuntersuchung eingeleitet.

Bern · Rassismusbekämpfung

Kommission gegen Rassismus will Gleichbehandlungsgesetz

Eigentlich gibt das 30-jährige Bestehen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) keinen Anlass zu Feiern.

«Bislang bietet das schweizerische Zivilrecht keinen spezifischen Diskriminierungsschutz.»

Ursula Schneider-Schüttel, EKR Präsidentin

Denn rassistische Diskriminierung ist in der Schweiz immer noch eine unwiderlegbare Realität: 2024 gaben 17 Prozent der Schweizer Bevölkerung an, rassistische Diskriminierung erfahren zu haben.

An einer Medienkonferenz gab die ERK gestern darum in Anwesenheit von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider ihre Forderung nach einem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz bekannt.

Ein kürzlich von der EKR veröffentlichter Bericht habe gezeigt, dass die Schweiz gegenüber den europäischen Standards im Rückstand stehe.

EKR Präsidentin Ursula Schneider-Schüttel kommt zum Schluss: «Bislang bietet das schweizerische Zivilrecht keinen spezifischen Diskriminierungsschutz.»

Diese vier Gründe sprächen daher gemäss der EKR für ein allgemeines Gleichbehandlungsgesetz:

  • bestehende Lücken im Diskriminierungsschutz schliessen

  • rechtliche Hierarchisierung von Benachteiligungserfahrungen beseitigen

  • Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit

  • einen universellen Schutz vor Diskriminierung bieten

Bern · Bundeshaus

Verbot für Tabakwerbung

cigarettes GIF by 20th Century Fox Home Entertainment

(Giph: Giphy)

Wenn von Tabakkonzernen die Rede ist, dann muss ich immer an die Komödie «Thank you for Smoking» denken. Darin spielt Nick Naylor einen gewieften PR-Profi einer grossen Tabakfirma. Um das Rauchen zu verteidigen, greift er auf hanebüchene Argumente zurück.

«I speak for Cigarettes», sagt er an einer Stelle suffisant.

In der Schweiz wird diese Arbeit zukünftig etwas schwieriger werden. Gestern folgte nämlich der Ständerat dem Nationalrat und einigte sich im Rahmen der Sommersession auf eine Verschärfung des Tabakproduktgesetzes. Darüber berichteten die CH-Medien.

Die Vorlage geht zurück auf die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung», die 2022 klar angenommen wurde. Gemäss dem Initiativtext sollte Tabakwerbung, die Kindern zugänglich ist, verboten werden. Die Initiative hätte mit grosser Sicherheit ein generelles Werbeverbot für Tabakprodukte im öffentlichen Raum zur Folge gehabt.

Der gestern ausgehandelte Kompromiss fällt dagegen schwächer aus. In Printmedien dürfe weiterhin für Tabakprodukte geworben werden, vorausgesetzt sie richten sich ausschliesslich an Erwachsene. Auch Sponsoring an öffentlichen Anlässen bleibe erlaubt. Nur müsse sichergestellt werden, dass die Werbung für Minderjährige nicht sichtbar sei.

Vielleicht haben im Hintergrund PR Personen der Tabaklobby also doch noch das eine oder andere Schlupfloch für ihre Konzerne garantieren können.

Passend dazu: Ebenfalls am Mittwoch hat das Parlament eine Motion angenommen, die den Verkauf von Wegwerf-Vapes verbieten möchte. Der Bundesrat muss nun ein entsprechendes Verbot ausarbeiten.

Schweiz · Feminismus

Zitat des Tages

«Frauenhass ist wieder salonfähig – nicht versteckt, sondern online, zu Hause, auf der Strasse, in den höchsten Ämtern der Politik.»

Tamara Funiciello, SP-Nationalrätin

SP Nationalrätin Tamara Funiciello bezeichnet sich auch als feministische Aktivistin.

Donald Trumps Kampf gegen Frauenrechte findet Tamara Funiciello besonders alarmierend. Überall, auch in der Schweiz, sei ein feministischer Backslash zu beobachten, sagt sie im Interview mit den CH-Medien. Ein Blick in die Kommentarspalte des Interviews unterstreicht diese Beobachtung leider: lauter chauvinistische Hasskommentare.

Kurz-News

Elon Musk attackiert Trump · Bis vor kurzem standen sie noch Seite an Seite, Musk und Trump. Seit Musks Abgang stehen die Zeichen allerdings auf Sturm. Eine «widerliche Abscheulichkeit» nannte Musk Trumps Haushaltsgesetz am Dienstag. Das berichtet die New York Times.

Israel-Palästina · Die Ultraorthodoxen drohen mit dem Koalitionsaustritt, wie in der NZZ zu lesen ist. Dadurch würde die israelische Regierung auseinanderbrechen. Grund für das Zerwürfnis ist die drohende Verschärfung des Militärdienstes, wovon orthodoxe bislang ausgenommen sind. Derweil gab am Dienstag die Universität Genf bekannt, dass sie ihre Beziehungen zu israelischen Unis bis auf Weiteres sistiere. Kooperationen zwischen einzelnen Forschenden aus Israel-Palästina und der Schweiz seien davon nicht betroffen, sagt die Universitätsleitung. Das berichtet RTS.

Preise für Ferienwohnungen · Im vergangenen Jahr sind die Preise in den Bergen nochmals stark gestiegen. In den teuersten Regionen sei allerdings der Kipppunkt langsam erreicht. Das schreibt die NZZ. Spitzenreiter ist nach wie vor Sankt Moritz. Dort kostet eine hundert Quadratmeter-Wohnung im Schnitt zwei Millionen Franken.

SUV Steuer · Die Schweiz ist in dieser Hinsicht Weltmeisterin: Mehr als jedes zweite neu zugelassene Auto sei ein SUV, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Eine neue Steuer soll nun den Anteil von SUVs in der Schweiz eindämmen. So will es ein Vorstoss, den Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter in den kommenden Tagen einreicht.

Seit vier Jahren Rauchfrei

🔧 Nützliches des Tages

Ich habe vorhin vom Film «Thank You for Smoking» gesprochen. Eine besonders lustige Dialogszene möchte ich dir nicht vorenthalten. Hier kommt sie in deutscher Übersetzung:

Nick Naylor: Ich spreche im Namen von Zigaretten.

Kind: Meine Mami sagt, dass Zigaretten töten.

Nick Naylor: Ist deine Mami denn Ärztin?

Kind: Nein.

Nick Naylor: Ist sie eine wissenschaftliche Forscherin oder so etwas?

Kind: Nein.

Nick Naylor: Also, sie klingt jetzt nicht gerade wie eine glaubwürdige Expertin, oder?

Das kleine Mädchen sinkt zurück in ihren Stuhl

Nick Naylor: Seht es doch mal so. Wie viele von euch wollen Anwälte werden? Anwälte verdienen Geld mit Reden.

Ein kleiner Junge hebt die Hand

Nick Naylor: OK, lasst mich das noch einmal versuchen. Wie viele von euch wollen Filmstars werden?

Mehrere Kinder: Ja!

Nick Naylor: Filmstars werden fürs Reden bezahlt! Das ist es, was ich tue, ich rede.

🎲 Rätsel des Tages

Errate das Wort in 5 Versuchen. Thema diese Woche: Helvetismen.

Ich bin übrigens seit vier Jahren rauchfrei. Jetzt ist auch für dich der Moment, um endlich damit aufzuhören!

Tschüss

Jonas

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