Guten Morgen {{vorname}} 
Wir sprechen viel über die zehn-Millionen-Schweiz. Aber kaum jemand redet über die 83-Millionen-Schweiz. So viele Nutztiere werden jedes Jahr hierzulande für den menschlichen Verzehr getötet.
Diese Zahl trifft mich. Besonders, wenn man bedenkt, dass ein Grossteil dieser Tiere kaum je das Tageslicht sieht oder auf einer Wiese steht. Nach der abgelehnten Massentierhaltungs-Initiative soll nun ein neuer Vorstoss dem entgegenwirken.
Schweiz · Volksinitiative
Initiative für regelmässigen Auslauf für Tiere

Glückliche Rinder auf der Alp – eine schöne Seltenheit (Foto: Yann Bartal)
2023 wurden in der Schweiz rund 83 Millionen Tiere geschlachtet. Das Fleisch von der glücklichen Kuh auf der Weide ist fast immer eine Illusion. Gemäss den Initiant:innnen der «Auslauf-Initiative» sehen nur die allerwenigsten Tiere – gerade mal 15 Prozent – je das Freie.
«Sie sehen den Himmel nur einmal: am Tag ihrer Schlachtung. Und das in einem Land, das sich rühmt, besonders tierfreundlich zu sein», sagt Naomi Rey, Mitinitiantin auf 20 Minuten.
Neu soll jedes Tier ein garantiertes Recht auf Auslauf haben – egal ob Kühe, Schweine oder Hühner. Letztere sehen besonders selten das Tageslicht.
Der Schweizer Bauernverband (SBV) hält den Vorstoss für eine Zwängerei: «Der SBV ist erstaunt, dass drei Jahre nach der klaren Ablehnung der Massentierhaltungsinitiative durch Volk und Kantone eine neue Initiative lanciert wird.»
Die Unterschriftensammlung beginnt in Kürze. Für ihr Anliegen haben die Initiant:innen die seltene Form der «allgemeinen Anregung» gewählt. Sie verzichten also bewusst auf einen fertig formulierten Verfassungstext.
Schweiz · Initiative
Alle gegen den Service-Citoyen

Frauen müssen heute nicht ins Militär oder in den Zivilschutz. (Foto: Pascal Gertschen/VBS)
Die Service-Citoyen-Initiative hat einen schweren Stand. Am 30. November stimmen die Schweizer Wahlberechtigten über einen obligatorischen Bürgerdienst für alle ab. Neu wären nicht nur die Männer dienstpflichtig, sondern auch die Frauen. Doch alle grossen Parteien sind dagegen.
Das Gegenkomitee, bestehend aus SVP, SP, Mitte, FDP und den Grünen sowie dem Arbeitgeberverband, argumentiert, der Bürgerdienst schwäche das Milizsystem.
Die SP ist zusätzlich der Meinung, Frauen dürften nicht zu noch mehr unbezahlter Arbeit verpflichtet werden.
Doch chancenlos ist die Initiative nicht. Gemäss einer aktuellen Umfrage der Tamedia (E-Paper) wollen 51 Prozent bestimmt oder eher ein Ja einlegen, 44 Prozent sind dagegen. Während die Männer die Initiative gegenwärtig grossmehrheitlich annehmen wollen, sind die Frauen dagegen.
Interessanterweise zeigt sich in der Umfrage keine Polarisierung zwischen Links und Rechts. Am grössten ist die Ablehnung bei der Anhängerschaft der SVP und der SP. Am meisten Zuspruch erhält die Initiative bei Wähler:innen der Grünliberalen und der Grünen.
Auf dem knappen Ja kann sich das Initiativkomitee jedoch nicht ausruhen: Volksinitiativen verlieren nämlich in der Regel an Zuspruch, je intensiver das Stimmvolk sich mit ihnen auseinandersetzt.
Schweiz · Gerichtsentscheid
Gläubiger der Credit Suisse erringen Sieg

Die Credit Suisse brach im März 2023 zusammen und wurde von der UBS übernommen. (Foto: Mariia Shalabaieva/Unsplash)
Der Untergang der Credit Suisse holt die Finma ein. Die eidgenössische Finanzmarktaufsicht unterlag vor Gericht gegen 3000 Kläger:innen. Gemäss der NZZ klagten professionelle Investor:innen, Pensionskassen, aber auch Privatpersonen gegen die Abschreibung sogenannter AT1-Anleihen.
Was das konkret bedeutet: AT1-Anleihen («Additional Tier 1») werden von Banken ausgegeben, um ihr Eigenkapital zu stärken. Sie gelten als besonders risikoreich, aber auch lukrativ, weil sie hohe Zinsen zahlen.
Als die Credit Suisse im März 2023 zusammenbrach und von der UBS übernommen wurde, ordnete die Finma an, dass alle AT1-Anleihen der CS im Wert von 16,5 Milliarden Franken auf null abgeschrieben werden. Die Investor:innen verloren ihr gesamtes Geld.
Das Bundesverwaltungsgericht spricht heute bezüglich der verfügten Abschreibung von einem «schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsrechte der Anleihengläubiger».
Die Kläger:innen fordern nun eine Entschädigung. Darüber hat das Gericht aber noch nicht entschieden, denn die Finma wird den Entscheid voraussichtlich an das Bundesgericht weiterziehen.
Kurioses
Opa verteilt ungefragt Ratschlag

Recep Tayyip Erdogan mit Georgia Meloni beim Friedensgipfel in Sharm al-Sheikh. (Screenshot: Tages-Anzeiger/İhlas Haber Ajansı)
Erst macht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan eine Bemerkung über das Aussehen der Ministerpräsidentin Italiens Giorgia Meloni:
«Du siehst gut aus, aber …», meint der Alte, um dann anzufügen, Meloni müsse mit dem Rauchen aufhören.
Ok Boomer.
Kurz-News
Beschwerde gegen Zürcher Polizeigesetz · Mehrere Organisationen, darunter die Demokratischen Juristinnen und Juristen Zürich sowie die Grüne, AL und Juso, haben beim Bundesgericht Beschwerde gegen das Zürcher «Anti-Chaoten-Gesetz» eingereicht. Laut Watson kritisieren sie, dass künftig auch friedliche Demonstrierende und Organisator:innen die Kosten für Polizeieinsätze tragen müssten – eine Regelung, die laut ihren Anwält:innen in der Schweiz einzigartig wäre und das Demonstrationsrecht massiv einschränken könnte.
Temu erobert die Schweiz · Laut einer Comparis-Studie ist Temu inzwischen der beliebteste Onlinehändler des Landes – noch vor Digitec oder Zalando. Der chinesische Onlinehändler Temu hat laut Tages-Anzeiger in Europa seinen Gewinn auf 120 Millionen Dollar gesteigert – mit nur acht Mitarbeitenden. Gleichzeitig wächst die Kritik: Der Konzern zahlt kaum Steuern, obwohl er in der EU über 115 Millionen Kund:innen bedient.
Mieter:innen zahlen zu viel · Obwohl der Referenzzinssatz im März gesenkt wurde, haben nur wenige Schweizer Mieter:innen eine Mietzinssenkung verlangt. Laut Zürcher Kantonalbank profitierten schweizweit nur acht Prozent, im Kanton Zürich 14 Prozent der Mieter:innen von tieferen Mieten. Viele verzichteten offenbar aus Unsicherheit oder Unwissen, obwohl rund 40 Prozent der Haushalte aktuell Anspruch auf eine Senkung hätten.
International
Madagaskars Militär übernimmt die Macht · Nach wochenlangen Protesten gegen Präsident Andry Rajoelina hat das Militär die Kontrolle über die Regierung übernommen und zentrale Institutionen wie Verfassungsgericht und Wahlkommission aufgelöst. Rajoelina, der offenbar das Land verlassen hat, war wegen Korruption und Misswirtschaft unter Druck geraten. Laut der New York Times werden die Proteste vor allem von jungen Menschen getragen, die gegen Armut und fehlende Perspektiven demonstrieren. Eine Übergangsregierung soll nun innert zwei Jahren Wahlen und eine neue Verfassung vorbereiten.
Südkorea rüstet massiv auf · Angesichts wachsender Spannungen mit Nordkorea und Chinas Aufrüstung erhöht Südkorea sein Verteidigungsbudget um über acht Prozent auf rund 47,6 Milliarden Dollar. Präsident Lee Jae Myung spricht von einer «Zeitenwende» und will die nationale Sicherheit unabhängiger gestalten. Auch Japan und Taiwan erhöhen ihre Militärausgaben, während die USA unter Präsident Trump mehr Eigenverantwortung von ihren Verbündeten fordern. In Ostasien zeichnet sich damit ein neuer Rüstungswettlauf ab, schreibt die NZZ.
🔥 Aufreger des Tages
KI-Journalismus
In einem Gastbeitrag auf 20 Minuten spricht ein Experte über die Zukunft des Journalismus mit KI.
Künstliche Intelligenz werde die Texterstellung übernehmen, glaubt er. Die Maschine könne fast unendlich viele Textoberflächen produzieren, individuell zugeschnitten auf die Nutzungsgewohnheiten und Vorlieben von Gruppen von Nutzenden, «sogar auf einzelne Leserinnen oder Zuschauer».
Ich werde nicht müde zu sagen: Das wird nicht funktionieren!
KI wird Medienunternehmen nicht retten. Es gibt keinen Grund für Journalist:innen, das Fast Food des Internets zu produzieren. Das wird bereits millionenfach von Spammern, Hobby-Bloggern und den KI-Unternehmen selbst gemacht. Es ist unmöglich, Nachrichtenproduktion billiger oder schneller zu machen als sie.
Der eigentliche Hebel, den Qualitätsmedien haben, ist nicht Effizienz, sondern Menschlichkeit. Die einzige sinnvolle Geschäftsstrategie ist, dass Medien und Journalist:innen sich Mühe geben, den Lesenden zu zeigen, dass sie Menschen sind und dass ihre Arbeit unterstützenswert ist. Unterstützenswert, weil es sich um menschliche Arbeit handelt, die von Bedeutung ist und nicht weil sie effizienter generiert und individuell an verschiedene Leser:innen angepasst werden kann.
Im Grunde sage ich nichts anderes, als was Jason Koebler von 404 Media noch viel schlauer formuliert:
🎲 Rätsel zum Schluss
Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.
Das Wochenthema: Kulinarik
So funktioniert es:
- Du gibst ein Wort ein. 
- Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort. 
- Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle. 
- Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor. 
Viel Spass beim Knobeln!
Bis dann!
Yann


