Guten Morgen {{vorname}}
Ich habe es wirklich versucht. Ich habe die Rekrutenschule absolviert und zwei Wiederholungskurse geleistet. Doch die vielen sinnlosen Tätigkeiten und das fehlende Gefühl von Selbstwirksamkeit bewogen mich dazu, in den eineinhalbmal längeren Zivildienst zu wechseln.
Meine restlichen Diensttage absolvierte ich in einem zehnten Schuljahr und half jungen Erwachsenen beim Übertritt in die Arbeitswelt – eine extrem erfüllende und sinnstiftende Arbeit. Doch Menschen wie ich sind dem Parlament ein Dorn im Auge.
Schweiz · Armee
Parlament will Wechsel in den Zivildienst erschweren

Eine Mehrheit des Rats fürchtet sich vor einem Unterbestand in der Armee (Foto: Unsplash)
Es ist paradox. Vergangene Woche berichtete ich, dass die Armee mit 147'000 Angehörigen heute mehr Soldat:innen hat als erlaubt. Trotzdem will das Parlament den Wechsel von der Armee zum Zivildienst erschweren, um den Bestand zu sichern.
Gestern hat der Ständerat entschieden, dass in Zukunft Wehrpflichtige auf höhere Hürden stossen sollen, wenn sie von der Armee in den Zivildienst wechseln wollen. Der Ständerat verabschiedete die Vorlage am Mittwoch mit 29 zu 11 Stimmen und folgte somit dem National- und Bundesrat.
Die Hürden gelten besonders für Abgänge von Kadern und Fachspezialist:innen wie Ärzt:innen sowie jene, die erst nach der Rekrutenschule erfolgen.
Laut NZZ bedeutet das konkret: Dienstpflichtige, die erst nach der Rekrutenschule wechseln, sollen mindestens 150 Tage Dienst leisten – somit müssen diese mehr Diensttage leisten, als jene, die sich von Beginn an für den Zivildienst entscheiden. Medizinstudent:innen und Ärzt:innen wiederum sollen künftig gar keinen Zivildienst leisten dürfen.
Der Zivildienst sei schlicht zu attraktiv, meinte etwa Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte).
Abgelehnt wurde die Vorlage nur von der linken Minderheit im Rat. Den Zivildienst zu schwächen stärke die Armee nicht, argumentierte der Grüne Mathias Zopfi.
Schweiz · Gazastreifen
Bundesräte wollen verletzte Kinder aus Gaza holen

Im Lead ist das Justizdepartement von Bundesrat Beat Jans (SP) mit dem Staatssekretariat für Migration. (Foto: Unsplash)
Der Bund will verletzte Kinder aus dem Gazastreifen aufnehmen. Viele Länder haben in den vergangenen Wochen als Zeichen der Solidarität Palästina als Staat anerkannt. Die Schweiz geht einen anderen Weg.
Vier Departemente und mehrere Kantone arbeiten gemäss Recherchen der Tamedia-Zeitungen seit Wochen an dem Plan, 20 verletzte oder kranke Kinder aus dem Gazastreifen zu holen, um sie hier zu behandeln. Pro Kind sollen bis zu vier Begleitpersonen mitreisen dürfen und dann in der Schweiz Asyl beantragen.
Lange war der Plan geheim. Nun hat Bundesrat Cassis (FDP) die Pläne während eines Pressetermins am Rande von UNO-Veranstaltungen in New York bestätigt: «Wir haben entschieden, dass wir kranke Kinder aus Gaza in der Schweiz aufnehmen.»
Grösstes Hindernis ist gemäss einer Quelle aus der Bundesverwaltung die israelische Regierung. Israel hat den Gazastreifen abgeriegelt, niemand kann das Gebiet ohne Zustimmung verlassen. Offenbar verhandeln die Schweizer Behörden zurzeit noch mit den israelischen Behörden.
Im Gazastreifen sind zurzeit Millionen Menschen eingeschlossen, ohne ausreichend Nahrung, Wasser oder Schutz. Mehr als 50'000 Kinder sollen nach Schätzungen von Unicef seit den Hamas-Angriffen vom 7. Oktober 2023 in Gaza durch israelische Streitkräfte getötet oder verletzt worden sein.
Schweiz · AHV-Reform
Nationalrat will lebenslange Witwenrente abschaffen
Verwitwete Männer profitieren von der Reform. (Foto: Unsplash)
Der Nationalrat hat entschieden, dass es grundsätzlich für verwitwete Männer und Frauen nur noch eine Rente geben soll, bis das jüngste Kind den 25. Geburtstag erreicht hat.
Damit will das Parlament die Ungleichbehandlung von verwitweten Personen aufheben. Bislang erhielten verwitwete Frauen eine lebenslängliche Rente.
Die neue Vorlage ist somit für verwitwete Frauen eine deutliche Verschlechterung, für verwitwete Männer eine leichte Verbesserung – sie erhielten bisher nur eine Hinterlassenenrente, bis alle Kinder volljährig sind, also bis zum 18. Geburtstag.
Laut SRF sorgte im Rat für Diskussionen, dass verwitwete Frauen ohne Kinder künftig keine Renten mehr erhalten sollen. Trotzdem fand die Vorlage im Nationalrat eine Mehrheit, wenn auch sehr knapp. Die Vorlage könnte somit im Ständerat noch abgelehnt werden.
In seiner Sitzung am Nachmittag hat der Nationalrat auch beschlossen, bei neuen AHV-Renten den Ehepaar-Plafond aufzuheben. Ehepaare sollen künftig gleich hohe AHV-Renten wie unverheiratete Paare erhalten. Die Neuerung gilt nicht für Paare, die bereits im Rentenalter sind.
Zahl des Tages
72 %
So hoch soll der Anteil an Ausländer:innen in Schweizer Gefängnissen sein. Dies behauptete US-Präsident Donald Trump bei seiner Rede vor der UNO-Generalversammlung in New York. Es ist Teil seiner Diffamierungskampagne gegen europäische Länder.
Die Zahl ist korrekt. Weshalb das jedoch höchstens die halbe Wahrheit ist, hat die NZZ zusammengefasst:
Bevölkerungsanteil: In der Schweiz beträgt der Ausländer:innenanteil fast 28 Prozent, also deutlich mehr als in vielen anderen Ländern. Ein höherer Anteil an Ausländer:innen in der Bevölkerung schlägt sich automatisch auch in den Gefängnisstatistiken nieder.
Kriminalitätsrisiko: Der hohe Ausländeranteil in den Gefängnissen spiegelt auch Faktoren wie ökonomischer Status und Geschlechterdifferenzen.
Kriminaltourismus: Ein grosser Teil der ausländischen Insassen lebt gar nicht dauerhaft in der Schweiz. Es handelt sich um organisierte Banden aus dem Ausland, die gezielt für Einbrüche, Diebstähle oder Drogenhandel einreisen und danach wieder verschwinden.
Strafvollzugsregeln: Ausländer:innen sind häufiger im geschlossenen Vollzug, weil sie als fluchtgefährdeter gelten.
Langfristige Entwicklung: Der Ausländeranteil in Gefängnissen liegt seit rund 20 Jahren stabil bei etwa 70 Prozent, obwohl die ausländische Wohnbevölkerung stark gewachsen ist. Neu Zugewanderte werden statistisch also nicht häufiger straffällig.
Kurz-News
Neue Volksabstimmung F-35? · Im gestrigen Rundschau talk hielt Verteidigungsminister Martin Pfister eine erneute Volksabstimmung über die Beschaffung der F-35 für «grundsätzlich denkbar». 2020 hatten die Schweizer Stimmberechtigten die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge mit 50,1 Ja-Stimmen angenommen – lediglich 4258 Stimmen machten den Unterschied. Abgestimmt wurde über höchstens sechs Milliarden Franken. Aktuell rechnet der Bund für die 36 Kampfflugzeuge jedoch mit Kosten von bis zu 7,3 Milliarden Franken.
Lausanne: Mann nach Fahrt in Demo angezeigt · Anfang September fuhr ein 56-Jähriger mit seinem Auto in eine Pro-Palästina-Demonstration und verletzte zwei Personen leicht. Laut Blick liegen gegen ihn inzwischen rund 20 Strafanzeigen vor, unter anderem wegen versuchten Mordes und Gefährdung des Lebens. Der Mann verbrachte zwei Nächte in Haft, bestreitet aber eine Absicht. Die Demonstrant:innen habe er für Klimaaktivist:innen gehalten.
Härtere Bedingungen für vorläufig Aufgenommene · National- und Ständerat haben beschlossen, dass vorläufig aufgenommene Asylsuchende künftig doppelt so lange warten müssen, bis sie eine Aufenthaltsbewilligung beantragen dürfen: zehn statt bisher fünf Jahre. Der Bundesrat warnte vor erschwerter Integration, dennoch setzten sich SVP, Teile der Mitte und FDP durch. Gemäss Tages-Anzeiger sind rund 43’000 Menschen vor allem aus Afghanistan, Eritrea und Syrien betroffen.
Rimoldi verurteilt · Mass-Voll-Präsident Nicolas Rimoldi ist wegen Verleumdung verurteilt worden, wie Watson berichtet. Das Bezirksgericht Zürich sprach ihn schuldig, weil er den früheren Juso-Präsidenten Nicola Siegrist auf X in Verbindung mit Hitler gebracht hatte. Rimoldi erhielt eine bedingte Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu 30 Franken. Er erwägt, das Urteil weiterzuziehen.
International
Erneut Drohnen im dänischen Flugraum · Der Flughafen Aalborg, Dänemark, musste wegen Drohnensichtungen geschlossen werden – nur zwei Tage nach ähnlichen Vorfällen in Kopenhagen und Oslo. Laut The Guardian stuft die Regierung die Drohnen als möglichen Angriff auf die kritische Infrastruktur ein und bringt sie mit mutmasslich russischen Aktivitäten in Verbindung. Eurocontrol stoppte alle Flüge bis Donnerstagmorgen, mehrere Maschinen wurden umgeleitet.
China will Treibhausgase reduzieren · Präsident Xi Jinping hat am UNO-Klimagipfel angekündigt, die chinesischen Treibhausgasemissionen in den nächsten zehn Jahren um mindestens sieben bis zehn Prozent zu senken. Gemäss der New York Times ist es das bislang deutlichste Klimaversprechen Pekings. Xi sprach von einer «grünen und kohlenstoffarmen Zukunft» als weltweiten Trend und kritisierte indirekt die USA, die sich diesem widersetzen würden.
🐻 Erklärbär
Wie wird im Parlament entschieden?
Seit Beginn der Session enden viele meiner Topthemen mit Sätzen wie: «Die Vorlage geht als Nächstes in den Ständerat», «Nun zurück an den Nationalrat» oder «Nach dem Nationalrat könnte sie im Ständerat noch scheitern». Da drängt sich die Frage auf: Werden Vorlagen in unserem Parlament überhaupt je endgültig beschlossen oder pendeln sie ewig zwischen der kleinen und der grossen Kammer hin und her?
Zeit also für eine kleine staatskundliche Auffrischung für dich und für mich:
Zuerst kommt der Anstoss vom Bundesrat, Parlament oder Kantonen. Dann entsteht ein Vorentwurf, zu dem Verwaltung und Interessengruppen Stellung nehmen. Im Vernehmlassungsverfahren können Kantone, Parteien und Verbände ihre Meinung abgeben. Danach erstellt der Bundesrat einen Gesetzesentwurf und überweist ihn dem Parlament.
Im Parlament beraten zuerst Kommissionen, dann der Erstrat (entweder National- oder Ständerat), anschliessend der Zweitrat. Gibt es Unterschiede, folgt die Differenzbereinigung. Wenn sich National- und Ständerat nach drei Runden nicht einig sind, findet eine Einigungskonferenz statt. Am Ende stimmen beide Räte in der Schlussabstimmung über den identischen Text ab.
Das beschlossene Gesetz unterliegt dem fakultativen Referendum: Innerhalb von 100 Tagen können 50’000 Unterschriften gesammelt werden. Kommt es zustande, entscheidet das Volk. Ohne Referendum oder mit Volksmehr tritt das Gesetz in Kraft.
🎲 Rätsel zum Schluss

Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.
Das Wochenthema: Öffentlicher Verkehr
So funktioniert es:
Du gibst ein Wort ein.
Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.
Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.
Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.
Viel Spass beim Knobeln!
Bis dann
Yann