Guten Morgen {{vorname}}
Wegen der Zeitverschiebung lag ich gestern bereits im Bett, als klar wurde, dass die Schweizer Stimmbevölkerung den Eigenmietwert abschafft. Dieses Ergebnis hat mich überrascht, wohnt doch die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung in Mietwohnungen.

Trotzdem konnte das Ja-Komitee die Stimmberechtigten erfolgreich von seinen Argumenten überzeugen. Die sieben Millionen Franken des Hauseigentümerverbands – der höchste Kampagnenbeitrag, der je gemeldet wurde – dürften nachgeholfen haben.

Schweiz · Abstimmungen

Überraschungen am Abstimmungssonntag

82 Prozent aller Wohneigentümer:innen dürften vom Systemwechsel profitieren. (Foto: Element5 Digital/Unsplash)

Der gestrige Abstimmungssonntag verlief auf nationaler Ebene anders als gedacht.

Überraschend knapp ist das Resultat beim E-ID-Gesetz. Mit 50,4 Prozent haben die Stimmbürger:innen die Vorlage angenommen, obwohl von den grossen Parteien einzig die SVP die Nein-Parole ergriffen hat. Bundesrat Beat Jans (SP) hat im Interview mit der Redaktion des Tages-Anzeiger durchblicken lassen, dass die E-ID im Sommer 2026 realistischerweise eingeführt werden kann. Das Ziel der E-ID ist, dass sie bei Behördengängen freiwillig eingesetzt werden kann.

Das Nein-Komitee fordert wegen einer umstrittenen Swisscom-Spende eine Abstimmungs­wiederholung. Die Beschwerde ist noch hängig.

«Die Niederlage tut auch weh, weil sie jemand bezahlen muss: nämlich der Mittelstand.»

Mattea Meyer Co-Präsidentin der SP

Auch das Resultat bei der Abschaffung des Eigenmietwerts hat überrascht. Die Zustimmung war deutlich höher, als Umfragen im Vorfeld erahnen liessen. Der Ja-Stimmen-Anteil lag bei 57,7 Prozent. Gemäss Tages-Anzeiger gedenkt der Bund frühestens 2028 den Eigenmietwert abzuschaffen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung rechnet mit Steuerausfällen von 1,8 Milliarden Franken pro Jahr. Auch die Beratungsfirma Wüest Partner und eine UBS-Studie erwarten, dass dadurch die Hauspreise weiter ansteigen werden.

In der gestrigen Abstimmungssendung auf SRF feierten die bürgerlichen Parteipräsidenten die Abschaffung des Eigenmietwerts als historischen Sieg: Mitte-Chef Philipp Matthias Bregy sprach von einer direkten Stärkung der Kaufkraft vieler Menschen im Land.

SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer warnte vor höheren Steuern in den Kantonen zur Kompensation und forderte, dass nun die Mieter:innen durch einen Renditedeckel entlastet werden müssten. «Die Niederlage tut auch weh, weil sie jemand bezahlen muss: nämlich der Mittelstand», so Meyer.

Schweiz · Wirtschaftsstandort

Pharmakonzerne fürchten US-Zölle

Trumps Drohungen verheissen für die Schweiz nichts Gutes. (Screenshot: Tages-Anzeiger)

US-Präsident Donald Trump kündigte vergangene Woche 100 Prozent Zölle auf Pharmaprodukte an. Der neue Zollsatz tritt am 1. Oktober in Kraft. Novartis und Roche machten sich jedoch erst keine Sorgen. Der Grund: Trump versprach, dass er Firmen verschonen werde, welche in den USA Standorte aufbauen.

Doch sicher weiss niemand, wer von den Zöllen betroffen sein wird. Der Direktor des Verbandes Sciences Industries fürchtet sich gemäss Berner Zeitung, dass Pharmafirmen in der EU nur 15 Prozent Zölle zahlen müssen und die Schweizer Pharma 100 Prozent. Dann hätte der Standort Schweiz «gegenüber der EU einen erheblichen Nachteil».

Für den Wirtschaftsstandort Schweiz befürchtet man durch Trumps 100-Prozent-Zölle vor allem eine Verlagerung von Produktionsstätten in die USA. Das würde den Produktionsstandort Schweiz schwächen. Noch gravierender wäre ein internationaler Druck auf tiefere Medikamentenpreise, weil damit die Einnahmen der Pharmaindustrie sinken würden, was wiederum Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie die Steuereinnahmen in der Schweiz gefährden könnte.

Andere europäische Pharmakonzerne haben bereits die Medikamentenkosten in den USA gesenkt und kompensieren die Ausfälle mit Preissteigerungen in Europa.

Budget für Drohnenabwehr

Schweizer Armee hat ein Drohnenproblem

Die Drohnen im Ukraine-Krieg verändern die Kriegsführung. (Screenshot; CSIS/Parilov)

19 Kampfdrohnen liess Russland Anfang Monat über Polen fliegen. Dabei hat sich gezeigt, dass sich die EU- und Nato-Staaten derzeit nicht ausreichend gegen Drohnenattacken wehren können.

Noch schlechter steht die Schweiz da. Ein neuer Bericht zeigt, dass die Schweizer Armee über gar keine effektive Abwehr gegen Drohnen auf längere oder mittlere Distanz verfügt. Gemäss Tages-Anzeiger hat das VBS 100 Millionen Franken für den Kauf von Drohnenabwehr eingeplant.

Mit dem Geld könne jedoch nur eine einzige Panzerkompanie mit Drohnenabwehr ausgerüstet werden. Und der andauernde russische Angriffskrieg in der Ukraine zeigt: Kampfpanzer nützen heute praktisch nichts mehr, wenn sie keine Drohnen abwehren können.

Insgesamt hinkt die Schweizer Armee bei der Beschaffung und Abwehr von Drohnen hinterher. Obwohl die Armee bereits mehrfach Drohnensichtungen bei Waffenplätzen und militärischer Infrastruktur registriert hat, die auf gegnerische Spionage schliessen lassen.

Zwischen der Entscheidung für ein System, der parlamentarischen Bewilligung und dem effektiven Einsatz vergehen mindestens zwei Jahre, was dazu führt, dass Drohnen oft schon veraltet sind. Deshalb kauft die Armee in Tranchen, um die Modernität teilweise zu sichern.

Zahl des Tages

200’000

So viele Bewerbungen erhielt die Schweizer Laufschuhfirma «On» letztes Jahr, gemäss Tages-Anzeiger. Bewerber:innen nutzen vermehrt Tools wie ChatGPT, um massenweise Bewerbungen zu verschicken und ihre Dossiers aufzupolieren. Auf der anderen Seite versuchen Unternehmen mit Chatbots und Algorithmen, die Bewerbungsflut zu sortieren und automatisiert zu sichten.

Beim Wettrüsten im Bewerbungsverfahren verlieren meiner Meinung nach alle – Chatbot-Interviews, automatisierte Absagen und mehr Fehlbesetzungen, weil Soft Skills im digitalen Prozess kaum berücksichtigt werden. Dazu führen algorithmische Verzerrungen zu diskriminierenden Einstellungspraktiken, die die Ungleichheiten im Arbeitsmarkt aufgrund des Geschlechts oder der Herkunft verstärken.

Kurz-News

Schweiz könnte Palästina anerkennen · Ein Gutachten des Aussendepartements kommt zum Schluss, dass die völkerrechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung Palästinas durch die Schweiz erfüllt sind. In der NZZ am Sonntag sagt Aussenminister Ignazio Cassis, dass er dennoch abwarten will, bis konkrete Massnahmen für eine Friedenslösung in Angriff genommen würden. Gleichzeitig wächst der innenpolitische Druck: Bei Demos in mehreren Städten forderten Tausende die Anerkennung.

Swiss mit zu viel Kabinenpersonal · Die Airline beschäftigt derzeit rund 400 Flight Attendants mehr, als sie wegen gestrichener Flüge und stillgelegter Maschinen einsetzen kann. Gemäss CH Media sind keine Entlassungen geplant, doch es gilt ein Rekrutierungsstopp und das Personal kann freiwillig unbezahlten Urlaub nehmen.

«Ewigkeitschemikalien» gelangen über Bauschutt ins Grundwasser · Eine Studie der Universität Bern zeigt, dass Abbruchmaterial mit giftigen PFAS belastet ist, die ins Grundwasser gelangen können. Laut Tages-Anzeiger will der Bund deshalb ab 2026 Grenzwerte einführen und Vorgaben zum Umgang mit den Chemikalien festlegen. Die Bauwirtschaft warnt, dass Recycling von Bauschutt dadurch erschwert werden könnte.

Kantonale Abstimmungsergebnisse – eine Auswahl:

  • Zürich: Der Kanton Zürich soll erst 2050 klimaneutral werden – und nicht bereits im Jahr 2040.

  • Berner Mietinitiative: Bei Wohnungswechseln müssen Vermieter:innen künftig die Vormiete offenlegen.

  • Im Thurgau sind künftig auch an den fünf höchsten Feiertagen nichtreligiöse Veranstaltungen möglich.

  • Waadt: Ausländer:innen können auf Gemeindeebene nicht leichter wählen und gewählt werden.

  • Tessin: Krankenkassenprämien dürfen künftig nicht mehr als zehn Prozent des verfügbaren Einkommens eines Haushalts betragen.

  • Der Kanton Schwyz erhöht die Einstiegslöhne für Lehrer:innen

International

Ärzte ohne Grenzen ziehen sich aus Gaza-Stadt zurück · Wegen der israelischen Bodenoffensive hat die Hilfsorganisation ihre Arbeit in Gaza-Stadt eingestellt, da ihre Kliniken von Panzern und Angriffen umzingelt seien. Laut UNO sind im Norden des Gazastreifens bereits vier Spitäler ausgefallen, weitere drohen wegen fehlender Vorräte zu schliessen. Das medizinische System steht vor dem Kollaps, während Hunderttausende Menschen weiter auf Hilfe angewiesen sind. Die schreibt die New York Times.

Massenpanik in Indien · Bei einer politischen Kundgebung des Schauspielers und Politikers Vijay im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu sind mindestens 39 Menschen ums Leben gekommen, darunter mehrere Kinder. Mehr als 50 weitere Personen wurden verletzt, nachdem die Menge von über 20'000 Menschen in Panik geraten war. Laut BBC News ermittelt die Polizei wegen fahrlässiger Tötung gegen Mitglieder von Vijays Partei.

Intergalaktisch

Nacktes Schwarzes Loch aus dem Urknall? · Das James-Webb-Teleskop hat ein Schwarzes Loch entdeckt, das schon 750 Millionen Jahre nach dem Urknall existierte und nicht von einer Galaxie umgeben ist – also quasi nackt ist. Das ist deshalb aussergewöhnlich, weil laut Tages-Anzeiger Schwarze Löcher im Inneren von Galaxien entstehen, wenn ein Stern explodiert und in sich zusammenfällt. Die Neuentdeckung könnte ein Beleg für Stephen Hawkings Theorie der primordialen Schwarzen Löcher sein, die unmittelbar nach dem Urknall entstanden sein sollen. Forschende bleiben aber vorsichtig, da das Objekt deutlich schwerer ist als erwartet und auch andere Entstehungsszenarien möglich sind.

🔊 Podcast-Empfehlung des Tages

Flucht aus Gaza-Stadt

Die 20-jährige Malak A Tantesh ist Journalistin für The Guardian in Gaza. Während andere in ihrem Alter von zu Hause ausziehen oder zu studieren beginnen, brach in ihrer Heimat der Krieg aus. Malak musste in den letzten Jahren über elf Mal umsiedeln und berichtete dabei für The Guardian über die Ereignisse um sie herum. Als die Blockade des Gazastreifens durch Israel zu Hunger und Hungersnot führte, wurde es schwierig zu arbeiten: «Ich berichtete über Hunger und Hungersnot, und ich selbst war hungrig», erzählt sie.

Am 16. September 2025, dem Tag, an dem Israel seine gross angelegte Bodenoffensive in Gaza-Stadt begann, gehörte sie zu denen, die versuchten, aus der Stadt zu fliehen. Während sie hastig ihre Sachen für ihre elfte Flucht in den letzten 18 Monaten zusammenpackte, nahm sie Sprachnotizen auf.

Der Podcast erzählt anhand dieser Aufnahmen und eines Gesprächs mit The Guardian, wie Malak A Tantesh den Alltag zwischen Flucht, Hunger und Berichterstattung erlebt.

Inhaltswarnung: Das eindrückliche Gespräch enthält auch Schilderungen von Krieg und Tod, die belastend sein können.

🎲 Rätsel zum Schluss

Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.

Das Wochenthema: Gewässer

So funktioniert es:

  • Du gibst ein Wort ein.

  • Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.

  • Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.

  • Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.

Viel Spass beim Knobeln!

Bis dann

Yann

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