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Im heutigen 6iBrief stehen Kinder in Asylunterkünften im Fokus: Ihr Schutz ist nach Einschätzung mehrerer Organisationen unzureichend. Zudem zeigen neue Auswertungen von Volksabstimmungen, wie stark sich der politische Graben zwischen Städten und Landgemeinden vertieft.
Und zuletzt: Ein Tessiner Seelsorger missbrauchte Jugendliche über Jahre, während die Kirche von den Vorwürfen wusste. Das soll nie mehr passieren, findet das Kantonsparlament.
Schweiz · Asylwesen
Unterkünfte bieten Kindern zu wenig Schutz
Kinder gelten als besonders schützenswert, doch im Asylwesen wird dieses Prinzip häufig nicht umgesetzt.
Geflüchtete Kinder werden mit ihren Familien meist in Kollektivunterkünften untergebracht, die nach Ansicht von Unicef, UNHCR, Save the Children und der Schweizerischen Flüchtlingshilfe für Kinder eine besonders schwierige Umgebung darstellen.
Nicole Hinder von Unicef sagt gegenüber SRF, Kollektivunterkünfte seien «kein Ort, wo Kinder und Jugendliche untergebracht werden sollten», weil sich dies auf ihre Sicherheit, ihren Schutz sowie auf die Grundlage für Lernen, Entwicklung und Entfaltung auswirke.
«Sie sehen Personen, die unter Alkohol oder Drogeneinfluss stehen.»
Für Kinder gebe es zudem kaum Platz zum Spielen oder Möglichkeiten, sich zurückzuziehen. Besonders kritisch sei der fehlende Schutz vor Gewalterfahrungen.
«Da sehen Kinder auch mal einen Streit unter fremden Erwachsenen. Sie sehen Personen, die unter Alkohol oder Drogeneinfluss stehen oder die aufgrund einer psychischen Erkrankung auffällig oder bedrohlich wirken», sagt Nina Hössli von Save the Children.
Der Bund und die Kantone zeigen zwar Verständnis für die Kritik, doch ihnen seien die Hände gebunden.
Die Chancen, zusätzliche Mittel für Kinder im Asylbereich zu mobilisieren, seien derzeit politisch eher gering, meint Jris Bischof von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren.
Schweiz · Politischer Graben
Stadt und Land entfernen sich politisch
Politisch driften Stadt und Land immer weiter auseinander. Das zeigt eine neue Auswertung der Politikberatung Sotomo.
Gemäss Tages-Anzeiger hat Sotomo das Wahlverhalten der eidgenössischen Volksabstimmungen ausgewertet und dabei die Gemeinden in den Achsen links-rechts und progressiv-konservativ eingeordnet.
Vor allem die grossen Städte der Deutschschweiz haben sich in den vergangenen Jahrzehnten nach links und hin zu progressiveren Positionen bewegt.
Die ländlichen Gemeinden hingegen verharren weitgehend im konservativen, rechten Spektrum, was die Distanz zusätzlich vergrössert. Am sichtbarsten wurde der Graben zuletzt bei Abstimmungen zum CO₂-Gesetz oder zur Biodiversitätsinitiative.
Während in der Romandie der Stadt-Land-Graben weniger stark ist und ländliche Regionen dort eher wie städtische Deutschschweizer:innen abstimmen, zeigt das Tessin einen klaren Rechtsruck.
Ergänzt wird die Analyse durch eine Befragung, die ein paradoxes Verständnis des Bevölkerungswachstums aufzeigt: Besonders in den am stärksten betroffenen Agglomerationen ist die Zufriedenheit mit der Lebensqualität am höchsten – und gleichzeitig beurteilt eine Mehrheit das Wachstum der Bevölkerung kritisch.
«Die Leute schätzen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs an ihrem Wohnort, aber sie stellen den Zusammenhang nicht her zwischen diesen Fortschritten und dem Bevölkerungswachstum», sagt Politgeograf und Sotomo-Chef Michael Hermann.
Tessin · Kirchliche Missbrauchsfälle
Anzeigepflicht bei Missbrauch in der Kirche

Im Tessin muss jeder Verdacht auf Missbrauch künftig innert 30 Tagen der Justiz gemeldet werden. (Foto: Claudio Carrozzo/Unsplash)
Ein Tessiner Jugendseelsorger missbrauchte Jugendliche über Jahre, obwohl die Kirche von den Vorwürfen wusste. Das soll nie mehr passieren.
Das Tessiner Kantonsparlament verpflichtet die katholische und reformierte Kirche künftig dazu, jeden Verdacht auf sexuelle Übergriffe innert 30 Tagen der Justiz zu melden – nicht nur bei Minderjährigen, sondern auch bei Erwachsenen, die in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Geistlichen stehen.
Die Vorlage wurde einstimmig angenommen und gilt als schweizweit wegweisend, weil interne kirchliche Richtlinien in der Vergangenheit zu oft versagt haben.
Der Kirchenrechtler Stefan Loppacher bezeichnet im Echo der Zeit den Schritt als überfällig, um endlich klare Leitplanken zu setzen und Machtmissbrauch besser sichtbar zu machen.
«Die Geschichte im Umgang mit solchen Fällen zeigt, dass die kircheninternen Regeln nicht ausreichen, um adäquaten Schutz und Aufdeckung zu gewährleisten», sagt Loppacher.
Auch Patrizia Cattaneo Beretta, Co-Präsidentin von Gava, dem Tessiner Verein für Missbrauchsopfer im religiösen Bereich, begrüsst den Schritt. Doch sie bemängelt, dass weiterhin nicht geregelt sei, wie die katholische Kirche mit den verurteilten Tätern umgeht, die ihre Strafe verbüsst haben.
Ohne klare Regeln, die verurteilten Priestern eine Rückkehr ins Amt dauerhaft verwehren, bleibt der Schutz unvollständig.
Zitat des Tages
«Die Zeiten haben sich geändert.»
Etwa zehn Mal sagt Guy Parmelin in verschiedenen Varianten «Nein, das ist falsch» oder «Das ist Unsinn» im gestrigen Interview mit CH Media.
Im Gespräch verteidigt Parmelin den Zoll-Deal mit den USA und weist jegliche Kritik zurück.
Die Schweiz habe sich weder zur Übernahme der US-Sanktionspolitik verpflichtet noch etwas «erkauft». Viele strittige Fragen müssten erst noch ausgehandelt werden. Entscheidend sei, dass die Zölle nun von 39 auf 15 Prozent sinken. Er bestätigt: Der Zweck heiligt die Mittel – «die Zeiten haben sich geändert».
Kurz-News
Gesundheit: Schweizer:innen bezahlen am meisten · Schweizer:innen bezahlen europaweit am meisten für die Gesundheit. Hierzulande wurden gemäss Eurostat im Jahr 2023 rund 10'000 Franken pro Kopf für das Gesundheitswesen ausgegeben. Das ist mehr als doppelt so viel wie der Schnitt der EU-Staaten. Auch nach Berücksichtigung der Kaufkraft gab die Schweiz 2023 am meisten für die Gesundheit aus.
UBS bespricht Wegzug aus der Schweiz · Laut Financial Times hat UBS-Präsident Colm Kelleher mehrfach mit dem neuen US-Finanzminister Scott Bessent über einen möglichen Wegzug der Grossbank in die USA gesprochen. Hintergrund sind die verschärften Kapitalanforderungen in der Schweiz, gegen die die UBS seit Monaten lobbyiert. Offiziell betont die Bank weiterhin, in der Schweiz bleiben zu wollen, doch die Gerüchte über einen Umzug reissen nicht ab.
Nachtzüge zwischen Bern und Zürich · Ab Dezember verkehren am Wochenende Züge die ganze Nacht zwischen Zürich und Bern. Die neue Verbindung richtet sich an Nachtschwärmer:innen und Frühflieger:innen und kann ohne Nachtzuschlag genutzt werden. Laut Tamedia gilt sie als erster Schritt zu einem landesweiten Wochenend-Nachtnetz, das ab 2026 mit Olten als zentralem Hub ausgebaut werden soll.
International
Massenproteste in Manila · In der philippinischen Hauptstadt haben rund 650'000 Menschen gegen einen gigantischen Korruptionsskandal protestiert, bei dem Milliarden für Hochwasserschutz verschwunden sein sollen. Innerhalb eines Monats sind mehrere Hundert Menschen bei Taifunen ums Leben gekommen, zuletzt bei «Kalmaegi» mit mindestens 269 Toten und rund 100 Vermissten. Kurz darauf verwüstete Taifun «Fung-wong» weitere Regionen und vertrieb 1,4 Millionen Menschen.
Präsident Marcos verspricht Festnahmen bis Jahresende, doch die Mobilisierung einer einflussreichen Religionsgemeinschaft erhöht den Druck auf seine Regierung deutlich, schreibt der Guardian.
Deutsche Familie stirbt in Istanbul · Nach dem Tod einer Mutter und ihrer zwei Kinder ist nun auch der Vater gestorben. Die Familie machte Urlaub in der türkischen Hauptstadt, wo sie mit Verdacht auf eine Lebensmittelvergiftung hospitalisiert wurde. Die Ursache ist gemäss SRF News weiterhin ungeklärt. Die Behörden vermuten eine Lebensmittelvergiftung, prüfen aber auch Chemikalien im Hotel, das inzwischen evakuiert und versiegelt wurde. Mehrere Streetfood-Verkäufer und Hotelangestellte wurden festgenommen, während Laboranalysen zu Wasser-, Lebensmittel- und Pestizidproben noch ausstehen.
📚 Nützliches des Tages
Pestalozzi-Bibliothek: Nostalgie aufleben lassen
Jeden Freitag streifte meine Familie durch die Regale unserer lokalen Videothek und suchte einen Film, den wir alle sehen wollten – ein Unterfangen, das oft länger dauerte als der eigentliche Film.
Vor den Sommerferien gehörte zudem ein Besuch in der Pestalozzi-Bibliothek dazu, um den Büchervorrat an «Die drei ???», «TKKG» und «Das Tiger-Team» aufzufüllen.
Dieses schöne Kindheitsgefühl entdecke ich gerade wieder – dank des Online-Angebots der Pestalozzi-Bibliothek.
Mit der Libby-App steht eine grosse Auswahl an digitalen Büchern und Hörbüchern bereit. Wie bei gedruckten Exemplaren gibt es ein begrenztes Kontingent, sodass Titel vorgemerkt und ausgeliehen werden müssen.
Über PressReader können Abonent:innen zudem praktisch alle grossen Magazine und Zeitungen aus dem In- und Ausland lesen: Von der NZZ über die Vogue bis zum Rolling Stone ist alles dabei.
Ergänzt wird das Angebot durch «Filmfriend», wo eine sorgfältig kuratierte Auswahl an Filmen und Dokumentationen gestreamt werden kann.
Der Pestalozzi-Zugang kostet 60 Franken pro Jahr, für Studierende 30 Franken, und mit der Kulturlegi ist er kostenlos.
Das ist keine bezahlte Werbung: Ich finde dieses Angebot ganz ehrlich unschlagbar und bis jetzt habe ich noch keinen Haken gefunden.
🎲 Rätsel zum Schluss
Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.
Das Wochenthema: Chemie
So funktioniert es:
Du gibst ein Wort ein.
Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.
Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.
Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.
Viel Spass beim Knobeln!
Bis dann!
Yann




