Guten Morgen {{vorname}}
Im Kampf gegen den russischen Angriff auf die Ukraine gilt Selenski weltweit als gefeierter Held. Doch nachdem er am Dienstag mit einem neuen Gesetz die Unabhängigkeit von Antikorruptionsbehörden entschieden schwächte, hat sein Image ein paar Kratzer bekommen. In Kiew gingen tausende auf die Strasse. Und auch die Schweiz ist besorgt: Sind nun Anpassungen bei der Ukraineunterstützung nötig?
Schweizer Ukraineunterstützung betroffen
Selenski schwächt Antikorruptionsbehörden

2022 reichte Selenski einen Antrag zum EU-Beitritt ein. Sein Gesetz gegen die Antikorruptionsbehörden könnte dem im Wege stehen. (Foto: Unsplash)
Zuerst noch etwas in eigener Sache: Heute erscheint mein vorerst letzter 6iBrief. Es war mir eine grosse Freude, dich täglich mit den wichtigsten News zu beliefern!
Ich gebe jetzt das Zepter weiter an meine Kollegin Sofie David. Mit ihrer feinen Schreibe übernimmt sie ab Montag das Ruder.
Ich freue mich jetzt schon auf die Lektüre!
Und jetzt zum Thema des Tages.
Der Krieg mag einiges entschuldigen. Doch mit dem neuen Gesetz, das zwei wichtige Antikorruptionsbehörden in der Ukraine entschieden schwächt, scheint Präsident Selenski eine rote Linie überschritten zu haben.
Am Dienstag protestierten in Kiew tausende dagegen.
Scharfe Kritik kam aus Brüssel.
Wie die Tamedia Zeitungen berichten, ist auch das Schweizer Aussendepartement (EDA) über die jüngsten Entwicklungen in der Ukraine besorgt.
Seit Beginn des Krieges im Februar 2022 hat die Schweiz die Ukraine mit etwa 5,16 Milliarden Franken unterstützt. Für die nächsten 12 Jahre sind weitere 5 Milliarden geplant.
Ein Stopp der Hilfe sei nicht vorgesehen, teilte das EDA mit. Allerdings wolle man die laufenden Projekte nun einer Prüfung unterziehen und allenfalls anpassen.
Von den aktuellen Entwicklungen ebenfalls betroffen sei die von der Schweiz an die Ukraine geleistete Rechtshilfe, wie die NZZ schreibt.
In zahlreichen Fällen übermittelte die Schweiz den ukrainischen Behörden Bankunterlagen zu verdächtigen Finanztransaktionen, die über Schweizer Konten liefen. Dabei arbeitete die Schweiz eng mit dem Nationalen Antikorruptionsbüro (Nabu) zusammen, das soeben von Selenski entmachtet wurde.
Expert:innen befürchten, dass in Zukunft die Strafverfolgung von Korruptionsdelikten, in die hohe Regierungsbeamte involviert sind, erschwert wird.
Hass im Netz
Thurgauer Pfarrer ist bei der AfD und verbreitet rechtsextreme Inhalte

Der deutsche Verfassungsschutz stuft die AfD als «gesichert rechtsextrem» ein. (Foto: Unsplash)
Vor einigen Wochen sorgte ein Pfarrer im Kanton Thurgau für Schlagzeilen: Die Thurgauer Zeitung hatte aufgedeckt, dass er nebenher auch noch in seinem Zweitwohnsitz in Frankfurt an der Oder für die AfD im Stadtparlament sitzt.
Gegenüber der Zeitung beteuerte der Pfarrer, er habe «mit Rechtsextremen nichts am Hut». Auch auf dem SRF verteidigte er seine Ansichten als gemässigt.
Eine Recherche der Schaffhauser AZ zeigt allerdings das glatte Gegenteil: Auf seinem Facebook-Profil hat der Pfarrer im letzten Jahr mehrere antisemitische, völkische und rechtsextreme Posts veröffentlicht.
Er relativierte das Dritte Reich, beklagte die zunehmende «Judaisierung des Christentums» und bezeichnete den «Islamismus» als «unheilige Allianz zwischen radikalen Muslimen und ultraliberalen Europäern/Amerikanern, durch logenartige Netzwerke vorbereitet und in die Wege geleitet».
Gegenüber der AZ gab sich der Pfarrer unbeirrt. Rechtsextremismus könne er in solchen Posts nicht erkennen.
Dem widerspricht allerdings das Verdikt einer Expertin für Rechtsextremismus. In der Gesamtheit erfüllen die Posts des Pfarrers «so ziemlich alle Kriterien eines gefestigten rechtsextremen Weltbildes», sagt sie.
Bis zu seiner Pensionierung Ende Jahr steht der Pfarrer am Sonntag weiterhin auf der Kanzel.
Neues UNO-Klimaschutzgutachten
Welchen Einfluss hat es auf die Schweiz?

Das neue UNO-Gutachten bestätigt das Urteil der Klimaseniorinnen: Klimaschutz ist ein Menschenrecht. (Foto: Unsplash)
Vorgestern definierte der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) zum ersten Mal den Klimaschutz als Menschenrecht.
Das bedeutet umgekehrt: Unternimmt ein Land fürs Klima zu wenig, dann verletzt es das Völkerrecht.
Auch wenn das Gutachten rechtlich nicht bindend ist, werden sich zukünftige Kläger:innen darauf berufen können.
Doch welchen Einfluss hat das neue Gutachten auf die Schweiz?
Darüber gab Franz Perrez, seit 2023 Leiter der Völkerrechtsdirektion im EDA, dem SRF Auskunft.
Eine wichtige Änderung betreffe die Frage nach der Differenzierung zwischen den Staaten. Neu sind alle Staaten, unabhängig ihres vergangenen CO2-Ausstosses, zu Klimaschutzmassnahmen verpflichtet. Bisher konnten sich nämlich grosse Schwellenländer wie China, Korea oder Saudi-Arabien hinter ihrem Status als «Entwicklungsland» schützen, obwohl sie einen extrem hohen CO2-Ausstoss haben.
Am grundsätzlichen Druck auf Industrienationen wie die Schweiz, mehr für den Klimaschutz zu tun, wird das allerdings nichts ändern. Auch sie werden stärker in die Pflicht genommen.
Für Greenpeace Schweiz läute das Gutachten eine «neue Ära für die Klimagerechtigkeit» ein. Es «ebnet den Weg für neue Klimarechtsfälle und eröffnet Möglichkeiten, diejenigen Staaten, die für den Grossteil der CO2-Emissionen verantwortlich sind, mit den Folgen ihrer klimapolitischen Inkonsequenz zu konfrontieren», heisst es in einer Medienmitteilung.
Konkret bestätige das Gutachten auch nochmals das Urteil für die Klimaseniorinnen im letzten Jahr. Weil die Schweiz zu wenig für den Klimaschutz unternommen habe, sahen sich die Klägerinnen in ihrem «Recht auf Privat- und Familienleben» betroffen. Der Gerichtshof gab ihnen Recht.
Mit gewissen Vorbehalten pflichtet dem auch Franz Perrez vom EDA bei. Zwar sei das «Recht auf eine gesunde Umwelt» nicht gleichzusetzen mit einer «Verpflichtung zum Klimaschutz um den Schutz der Menschenrechte sicherzustellen». Doch im Grundsatz bestätige das Gutachten den Ansatz der Klimaseniorinnen, erklärte er dem SRF.
Visualisierung
Earth Overshoot Day erreicht
Ab heute leben wir auf Pump. Denn seit gestern haben wir alle jährlich verfügbaren erneuerbaren Ressourcen aufgebraucht. Der Tag, an dem das geschieht heisst «Earth Overshoot Day». Derzeit verbraucht die Menschheit pro Jahr die Ressourcen von ungefähr 1,8 Erden. Die Folgen: Waldzerstörung, Erosion, Diversitätsverlust und mehr CO2 in der Atmosphäre. Würde übrigens die gesamte Welt so viele Ressourcen verbrauchen wie die Schweiz, dann wäre der «Earth Overshoot Day» schon am 7. Mai gewesen.
Kurz-News
Klinik-Mitarbeiter beleidigt Tamara Funiciello · Ein Klinikmitarbeiter des Schweizer Paraplegikerzentrums hat im April den Wikipedia-Eintrag der SP-Nationalrätin Tamara Funiciello mit einer beleidigenden Bemerkung manipuliert. Das Zentrum prüfe nun arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen den Mitarbeiter, schreibt blue News.
100’000 Unterschriften für den Giftnotruf · Wegen finanzieller Probleme steht der Giftnotruf «Tox Info» vor dem Aus. Um weiter zu leben brauche der Dienst vom Bund 1,1 Millionen Soforthilfe. Nun steigt der Druck auf Gesundheitsministerin Baume-Schneider, schneller zu handeln. Darüber berichtete CH Media.
Instabile Felswände bedrohen Stauseen im Wallis · Eine neue Studie des Instituts für Schnee und Lawinenforschung (SLF) hat im Wallis 89 instabile Felswände identifiziert. Gefährdet sind nebst Siedlungen auch mehrere Stauseen. Die erhöhte Instabilität sei eine Folge des aufweichenden Permafrosts. Allerdings seien die Daten noch zu ungenau, um konkrete Massnahmen zu ergreifen. Alpiq, die mehrere Stauseen betreibt, sieht daher aktuell noch keinen konkreten Handlungsbedarf, schreiben die Tamedia Zeitungen.
Roche wächst in den USA zweistellig · Der Basler Pharmakonzern Roche konnte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres den Umsatz in Lokalwährungen um sieben Prozent steigern. Der Medikamentenverkauf in die USA stieg um zehn Prozent auf 12,7 Milliarden Franken. Die gesamte Pharmabranche ist bislang noch von Zöllen befreit. Trump hat allerdings gedroht, 200 Prozent Zölle für Medikamente einzuführen, heisst es in der NZZ.
International
Macron möchte Palästina als Staat anerkennen · Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte am Donnerstag an, den Entscheid an der nächsten UN-Generalversammlung zu formalisieren. Netanjahu kritisierte den Schritt scharf. Ebenfalls distanziert sich Frankreich dadurch von den USA. Kurz nach dem 7. Oktober 2023 stellte sich Macron noch stark hinter Netanjahu, doch in den letzten Monaten hat sich sein Unmut gegenüber der israelischen Kriegsführung verstärkt, schreibt Le Monde.
🔧 Nützliches des Tages
Gegen Hass im Netz
Hassrede wie jene des Thurgauer AfD-Pfarrers wird von einer Minderheit von Menschen verfasst. Umso wichtiger ist es, sich dagegen zu wehren.
Doch welche Form des Widerstands ist am wirksamsten?
Eine Studie der ETH und der Universität Zürich zeigt: Empathie!
Antworten, die die Perspektive der Betroffenen einbeziehen – etwa mit Hinweisen wie «Dein Post ist für Muslim:innen sehr schmerzhaft» – können Hassredner:innen eher dazu bewegen, ihr Verhalten zu überdenken.
Falls du von Hassrede betroffen bist oder dagegen ankämpfen möchtest, findest du auf der Plattform «stophatespeech» weitere Ressourcen.
🎲 Rätsel zum Schluss

Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.
Das Wochenthema: Anatomie
So funktioniert es:
Du gibst ein Wort ein.
Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.
Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.
Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.
Viel Spass beim Knobeln!
So, das wars von meiner Seite.
Hebs guet!
Jonas