Guten Morgen {{vorname}}
Neutralitätsinitiative hier – Waffenexporte dort. Neutralität ist in rechtsbürgerlichen Kreisen ein dehnbarer Begriff. Eines steht aber fest: Im Zweifelsfalle geht die Rüstungsindustrie vor. Das zeigt das gestrige Ja des Ständerats zur Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes.

Kriegsmaterialgesetz

Ständerat sagt ja zu mehr Waffenexporten

Kommen Schweizer Patronen zukünftig auch in fremden Kriegsgebieten zum Einsatz? (Foto: Wikipedia)

Matthias Zoller.

Hast du diesen Namen schon mal gehört? Nein?

Ich auch nicht.

Das ist auch gut so, denn ein guter Lobbyist stellt sich und seine Arbeit nicht gerne ins Rampenlicht.

Als Generalsekretär beim Industrieverband Swissmem setzt sich Zoller für möglichst gedeihliche Bedingungen für die Schweizer Rüstungsindustrie ein.

«Wenn Sie von einer Patronenkugel getroffen werden, auf der ‹Swiss made› steht, dann finden Sie nicht, dass die Schweiz neutral ist.»

Daniel Jositsch, SP Ständerat

Wie das SRF treffend bemerkt, dürfte sich Zoller nach dem gestrigen Entscheid des Ständerats für eine Auflockerung der Kriegsmaterialexporte besonders gefreut haben. Denn er habe die Vorlage in monatelanger Vermittlungsarbeit wesentlich mitgeformt.

Zukünftig sollen 25 westliche Länder – darunter auch die USA und Ungarn – generell eine Bewilligung für Rüstungskäufe erhalten. Bisher galt: Länder, die in einen Konflikt verwickelt sind und systematisch Menschenrechte verletzen, erhalten keine Waffen aus der Schweiz.

Und: Diese 25 Länder sollen neu Schweizer Rüstungsgüter auch ohne Zustimmung an andere Länder weitergeben dürfen.

Der Ständerat beugt sich somit einem zweifachen Druck: Einerseits stellten einige europäische Partner die Verlässlichkeit der Schweiz infrage, sollte sich der Krieg in der Ukraine ausweiten. Andererseits kam von innen die Klage, dass die eigene Rüstungsindustrie durch die Exportbeschränkungen ihre Wettbewerbsfähigkeit verliere. Darunter leide schliesslich auch die Wehrfähigkeit der Schweizer Armee.

Zollers Arbeit scheint seine Wirkung erreicht zu haben: Der Ständerat sagte mit 31 zu 11 Stimmen deutlich Ja zum Bestreben.

Nicht überzeugt waren die linken Vertreter:innen des Ständerats. SPler Daniel Jositsch sagte: «Wenn Sie von einer Patronenkugel getroffen werden, auf der ‹Swiss made› steht, dann finden Sie nicht, dass die Schweiz neutral ist.»

Auch die SPlerin Franziska Roth mahnte im Anschluss an die Sitzung, man habe mit diesem Beschluss «grosse Löcher ins Kriegsmaterialgesetz geschossen». Sie hatte als Alternative vorgeschlagen, Waffenexporte nur dann zu erlauben, wenn sich ein Land einem völkerrechtswidrigen Angriff ausgesetzt sieht. Ihr Antrag wurde aber deutlich abgelehnt.

Die Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) droht derweil mit einem Referendum, sollte der Nationalrat den Kurs des Ständerats nicht korrigieren.

Umfrage des Mieter:innenverbandes

60 Prozent wollen Mietpreiskontrollen

1950 Franken für 46 Quadratmeter in Genf. In den meisten Schweizer Städten steigen die Mieten. (Screenshot: Flatfox)

Die Schweiz ist ein Volk von Mieter:innen, heisst es gerne. Das stimmt auch. Denn 64 Prozent der durchgehend bewohnten Wohnungen sind von Mieter:innen belegt.

Um ihre Rechte sorgt sich der Mieter:innenverband, weshalb er letzte Woche die Unterschriftensammlung für die Mietpreis-Initiative startete. Diese will das Prinzip der Kostenmiete verankern und Marktelemente aus dem Mietrecht verbannen. Ebenfalls ist eine automatische Mietzinskontrolle vorgesehen.

Wie im Blick zu lesen ist, erhält das Begehren nun Rückenwind von einer neuen Umfrage.

Diese zeige nämlich: Die Mietpreise sind nach den Gesundheitskosten und vor der Migrationsfrage mit 58 Prozent das zweitgrösste politische Problem in der Schweiz.

60 Prozent der Befragten beantworteten zudem die Frage, ob es einen Kontrollmechanismus zur Miethöhe brauche, positiv. Nur 16 Prozent waren dagegen.

Dieses deutliche Resultat könne mit den Preissteigerungen der letzten Jahre zu tun haben. 16 Prozent gaben an, sie seien davon «sehr betroffen» gewesen, 27 Prozent antworteten mit «ziemlich». «Gar nicht» betroffen fühlten sich hingegen nur 28 Prozent.

Hinter der Wohndebatte verbirgt sich übrigens auch eine Generationenfrage. Die CH Media zeigte vor ein paar Tagen: Im Vergleich zu früher besitzen berufstätige Menschen in immer weniger Fällen Wohneigentum. Bei Personen ab 85 sei die Wohneigentumsquote im letzten Jahrzehnt hingegen gestiegen.

Mietfragen werden also auch in Zukunft ein heisses Politikum bleiben.

Zürcher Ausschaffungshaft

Zwei Tote innerhalb eines Monats

Die Ausschaffungshaft direkt beim Flughafen Zürich verfügt über 130 Plätze. (Foto: Tsüri.ch/Yann Bartal)

Manchmal schaue ich in diesem Briefing über die Landesgrenzen hinaus. Heute möchte ich deinen Blick auf Zürich richten, beziehungsweise genauer: auf das Ausschaffungsgefängnis beim Zürcher Flughafen. Dieses macht gerade Schlagzeilen – leider.

Im letzten Monat kam es dort zu zwei Todesfällen. In einem offenen Brief beklagen sich die Insassen über unhaltbare Zustände. Das berichtet Tsüri.ch.

Laut dem Aktionsbündnis «Wo Unrecht zu Recht wird...» habe es weiter zwei schwere Suizidversuche und drei Zellenbrände im letzten Monat gegeben.

Die WOZ konnte mit Mahdaoui Masoud über seinen Alltag in der Administrativhaft sprechen. «Wir Häftlinge sind wie eine Flasche. Eine Flasche, in die man immer mehr Wasser einfüllt: Wir brauchen Geduld, Geduld, Geduld. Aber irgendwann explodiert die Flasche», sagt Masoud. Der Algerier ist seit zwei Monaten in Kloten inhaftiert.

Dass Masoud überhaupt ausgeschafft werde, sei übrigens unwahrscheinlich, so die WOZ. Das Konsulat habe seine Ausschaffung abgelehnt. Man fragt sich daher, was überhaupt der «administrative» Charakter seiner Haft sei. Das sei nur ein Beispiel für die vielen Widersprüchlichkeiten, die das Zentrum für ausländerrechtliche Administrativhaft (ZAA) prägten.

Seit dem Tod eines 22-Jährigen leisten die Insassen aktiven Widerstand. In den sozialen Medien zeigen sie sich mit Transparenten, auf denen steht: «Das ist ein Grab, kein Gefängnis.» Eine Gruppe soll nach eigenen Angaben einen Hungerstreik vollzogen haben.

Zuletzt adressierten sie die Behörden mit einem schriftlichen Forderungskatalog, der folgendes beinhaltete:

  • Begrenzung der Haftdauer auf ein «humanes Mass»

  • eine professionelle Behandlung psychiatrischer Fälle

  • Abschaffung der Isolationszelle

  • Das SEM soll die «freiwillige Rückkehr» zügig organisieren

Auch der Tages-Anzeiger berichtet von einer extrem angespannten Stimmung. Beim Besuch eines Reporters vor Ort habe ein Inhaftierter durch die Gitterstäbe seiner Zelle ihm zugerufen: «Es wird gestorben hier drin.»

Zahl des Tages

Über 50’000 Anfragen

51’547 Mal haben im letzten Jahr Opfer einer Straftat eine Opferberatung beansprucht. Das sei fünf Prozent mehr als im Jahr davor. Ein Grund für den Anstieg sei nebst einer allgemeinen Zunahme an Gewaltdelikten auch eine höhere Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema.

Weil wir schon bei Zahlen sind, hier dazu noch ein paar weitere:

  • Fast drei Viertel der Opfer oder deren Angehörigen waren Frauen

  • 18 Prozent waren minderjährig

  • Etwa die Hälfte waren Schweizer:innen

Den ganzen Bericht liefert dir das SRF.

Kurz-News

Amtliche Zensur · 2022 beauftragte das Bundesamt für Energie eine externe Studie. Kostenpunkt: 100’000 Franken. Sie sollte sich mit der Frage beschäftigen, wann aus Sicht des Klimaschutzes der Umstieg von einem Benzin- auf ein Elektroauto lohnenswert sei. Die Antwort der Studie: Das lohne sich praktisch immer. Das Bundesamt für Energie entschied sich jedoch im Nachhinein dafür, die Studie nicht zu veröffentlichen – aus Angst vor Kritik, wie die Republik mit Berufung auf das Öffentlichkeitsgesetz aufdecken konnte.

VBS-Chef Martin Pfister in Brüssel · Zur selben Zeit, als in Bern der Ständerat über eine Lockerung der Kriegsmaterialexporte abstimmte, war VBS-Vorsteher Martin Pfister an einer Sicherheitskonferenz in Brüssel. Dort hat er sich mit Vertreter:innen der EU und der Nato getroffen. Er wollte sich ein besseres Bild über den Stand der militärischen Aufrüstung innerhalb der EU machen, sagte er im Gespräch mit dem SRF.

Präsident der Jungen Mitte tritt zurück · Nach vier Jahren tritt Marc Rüdisüli als Präsident der Jungen Mitte zurück. Er bleibe nach wie vor im Parteipräsidium der Mitte Schweiz und im Thurgauer Kantonsrat. Einer seiner wichtigsten Forderungen ist das Handyverbot an der Schule. Das soll für eine bessere Lernumgebung sorgen und soziale Interaktionen fördern. Gefährlich seien auch die sozialen Medien. Deshalb brauche es eine nationale Strategie für den Umgang mit Techkonzernen, sagte er in einem Interview mit der CH Media.

International

Amoklauf in Graz · Nach dem Amoklauf in Graz ist eine landesweite Diskussion über das liberale Waffenrecht entfacht. Der Täter hatte die beiden Schusswaffen legal erworben. Die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr forderte am Dienstagabend schärfere Regeln für den Waffenbesitz. Gelesen habe ich das in der NZZ.

Harvey Weinstein erneut verurteilt · In einem neu aufgerollten Strafprozess ist der ehemalige Hollywood-Produzent Harvey Weinstein schuldig gesprochen worden. Er soll an einer Frau schwere Sexualverbrechen begangen haben. In einem anderen Anklagepunkt befand das Geschworenengericht Weinstein allerdings für nicht schuldig. Ein dritter Anklagepunkt wegen Vergewaltigung ist noch hängig. Darüber berichtete am Abend das SRF.

Mythen um die Zahnpflege

🔧 Nützliches des Tages

Gif: Giphy

Es ist frühmorgens und du gehst (hoffentlich) bald deine Zähne putzen. Die CH Media räumt mit ein paar Mythen dazu auf:

«Weisse Zähne sind auch gesunde Zähne.»

Nein.

«Man muss nach dem Essen 30 Minuten warten mit Zähneputzen.»

Nein!

«Elektrische Zahnbürsten verursachen Putzschäden.»

Nein - vorausgesetzt, du benutzt sie richtig.

«Zahnseide ist nicht so wichtig.»

Doch ist es. Du kannst aber auch Zahnhölze oder Interdentalbürstchen verwenden, wenn du magst.

«Eine Zahnbürste muss hart sein, mit weichen Borsten geht die Plaques nicht weg.»

Auch das stimmt nicht. Stattdessen kommt es auf Putztechnik an.

🎲 Rätsel zum Schluss

Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.

Das Wochenthema: Geografie

So funktioniert es:

  • Du gibst ein Wort ein.

  • Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.

  • Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.

  • Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.

Viel Spass beim Knobeln!

Gutes Zähneputzen!

Jonas

Reply

or to participate

Keep Reading

No posts found