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Jedes Jahr kommen mehr Tourist:innen in die Schweiz. Das sorgt zum Teil auch für Unmut. Nun reagieren die Tourismusregionen und der Bund mit neuen Konzepten.

Ausserdem geht es um die Femizide von letzter Woche und wie man künftige vermeiden könnte.

Schweiz · Übertourismus

Jedes Jahr mehr Tourismus

Vor allem ins Jungfrau-Gebiet mit Interlaken und Grindelwald, Luzern-Titlis und Zermatt reisen die Touris. (Foto: Unsplash)

Der Tourismus in der Schweiz nimmt zu. 42,8 Millionen Hotellogiernächte wurden 2024 insgesamt verbucht. Das sind 2,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Und es wird vermutlich noch mehr werden.

«Der Overtourism wird auch zu uns kommen. Es ist nur eine Frage der Zeit», sagt Jürg Schmid, Präsident von Graubünden Tourismus und bis 2017 Chef von Schweiz Tourismus zur NZZ am Sonntag.

Gemäss offiziellen Prognosen soll die Zahl der Hotelübernachtungen auf über 44 Millionen im Jahr 2027 steigen, berichtet die Zeitung.

«In Zukunft wird es nicht mehr darum gehen, die Touristen anzulocken, sondern darum, sie klug zu verteilen. Denn kommen werden sie sowieso.»

Jürg Schmid, Graubünden-Tourismus-Präsident

Deshalb überlegen sich Tourismusregionen schweizweit, wie damit umgegangen werden soll. Mit der «Toolbox zur Tourismussensibilisierung» erarbeiten die 13 Schweizer Tourismusregionen, die Vermarktungsorganisation Schweiz Tourismus und die Hochschule Luzern gemeinsam ein Instrument, das Fachpersonen im Tourismus konkrete Hilfestellungen biete.

Auch der Bund arbeitet zurzeit an einer neuen Tourismusstrategie. Darin wird auch das Thema Übertourismus mit einer grösseren Intensität behandelt als bisher. Es sei ein Paradigmenwechsel, schreibt die NZZ. «Erstmals stellt man sich auf höchster Stufe nicht nur die Frage, wie man noch mehr Touristen ins Land holt.»

In Zukunft werde es nicht mehr darum gehen, die Tourist:innen anzulocken, «sondern darum, sie klug zu verteilen. Denn kommen werden sie sowieso», sagt auch der Graubünden-Tourismus-Präsident Jürg Schmid.

«Albergo diffuso» im Versascatal

Wegen Hotel-Projekt: Probleme im Tessiner Bergdörfchen Corippo

Das kleine Dörfchen Corippo. (Screenshot: Tages-Anzeiger)

Auch in diesem Teil geht es um Tourismus. Wir machen zusammen einen Ausflug ins Tessin, konkret nach Corippo im Versascatal.

2022 war das «kleinste Dörfchen der Schweiz» sogar in den internationalen Medien. Damals lebten nur noch neun Menschen in Corippo, das Hotelprojekt «Albergo diffuso» sollte das Dorf beleben.

Dabei dienen die alten Häuser im unteren Teil des Dorfes als Zimmer. Rund vier Millionen Franken habe das Projekt gekostet, schreiben die Tamedia-Zeitungen. Bauherrin war die Fondazione Corippo, eine von Bund, Kanton und Gemeinde gegründete Stiftung.

Mit dem «Albergo diffuso» hätte auch die Dorfinfrastruktur erneuert werden sollen. Insbesondere die marode Wasserversorgung und die Kanalisation.

Doch das Albergo steht seit drei Jahren und die Kanalisation sei noch immer die alte, schreiben die Tamedia-Zeitungen. Weshalb, ist unklar. Laut der Stiftung des Albergo sei die Gemeinde für die Wasserversorgung verantwortlich. Und die Gemeinde sagt, der Kanton sei an allem schuld.

«Die vielen Zweitwohner wurden nie in die Albergo-Pläne mit einbezogen, und auch in den Medien wurde immer nur von den wenigen Einheimischen geschrieben.»

Ernst Reichmann, Zweitwohnungsbesitzer und Gründer von Vivere Corippo

Und das ist nicht das einzige Problem: Durch das Projekt kommen sich im Dorf die Dorfbewohner:innen, die Zweitwohnungsbesitzer:innen und die Tourist:innen in die Quere. So habe es etwa längst nicht genügend Parkplätze für alle.

Die vielen Zweitwohnungsbesitzer:innen seien «nie in die Albergo-Pläne mit einbezogen» worden, und «auch in den Medien wurde immer nur von den wenigen Einheimischen geschrieben», kritisiert Ernst Reichmann, einer der Zweitwohnungsbesitzer:innen, der die Hälfte des Jahres in Corippo verbringt. Er hat den Verein Vivere Corippo initiiert, der die Interessen der Einwohner:innen repräsentieren soll.

Doch die Lage solle sich auch für sie bessern, heisst es im Artikel. Sowohl für die Wasserversorgung als auch für das Parkplatzproblem habe die Gemeinde verschiedene Projekte für Herbst und Winter geplant.

Politiker:innen fordern mehr Geld

Wie können wir künftige Femizide verhindern?

Dieses Jahr wurden bereits mehr Frauen getötet, als im gesamten 2024. (Foto: Stopfemizid.ch/Franziska Willimann)

Drei Frauen starben vergangene Woche in der Folge von patriarchaler Gewalt. Es waren der 20., der 21. und der 22. Femizid dieses Jahres (ich berichtete).

Die Tat schockierte, weshalb man am Wochenende so einige wichtige Analysen, Kommentare und Interviews in den Medien dazu lesen konnte. Die wichtigsten Take-Aways will ich dir im Folgenden wiedergeben.

«Wenn wir in Erwägung ziehen, eine Milliarde für Munition bereitzustellen, warum nicht auch, um das Leben von Frauen in unserem Land zu schützen?»

Jessica Jaccoud, SP-Nationalrätin und Rechtsanwältin

«Die Selbstbestimmung der Frauen hat zugenommen, gleichzeitig dominieren in unseren Köpfen weiterhin patriarchale Vorstellungen», sagt Anja Derungs, Geschäftsführerin der Stiftung Frauenhaus Zürich gegenüber den Tamedia-Zeitungen. Sie sagt, die steigenden Femizide hätten viel mit den schwindenden patriarchalen Privilegien zu tun.

Die Schweiz müsse im Kampf gegen Femizide mehr Geld in Prävention und Opferbetreuung investieren, fordert SP-Nationalrätin und Rechtsanwältin Jessica Jaccoud gegenüber der NZZ. «Wenn wir in Erwägung ziehen, eine Milliarde für Munition bereitzustellen, warum nicht auch, um das Leben von Frauen in unserem Land zu schützen», wird sie darin zitiert.

Dass die Schweiz in Sachen Opferschutz hinterherhinkt, bestätigte sich bereits seit 2022 klar. Damals kam eine Expert:innenkommission zum Schluss, dass die Schweiz noch nicht alle Anforderungen der Istanbul-Konvention erfülle, die sie 2018 unterschrieb. Mit der Konvention verpflichtet sich die Schweiz, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen.

Die Umsetzung geht jedoch nur schleppend voran. So wird etwa eine 24-Stunden-Gewalt-Hotline, eine der geplanten Massnahmen, erst Ende 2025 eingeführt. Geplant wäre sie für Anfang 2025 gewesen, wie die Aargauer Zeitung berichtete.

Schlagzeile des Tages

Ruhig Blut dank Pizza und Glace

Dafür kann man sich schon etwas Blut abnehmen lassen. (GIF: Giphy)

Dieses Jahr gab es genug Blutspenden, schreibt der Blick. Im Sommer würden die Blutreserven in der Schweiz jedes Jahr knapp, da sei 2025 keine Ausnahme gewesen.

Doch dank besonderen Anreizen konnte die Versorgung dieses Jahr sichergestellt werden, sagt die Blutspende des Roten Kreuzes. Gratisglace oder Gratispizza sei einer der Anreize, mit denen die regionalen Dienste dieses Jahr gearbeitet hätten – mit Erfolg, wie sich zeigt.

Na dann – en Guete. (Blutspender:innen werden übrigens immer gesucht.)

Kurz-News

Junge Tat-Anführer · Die Staatsanwaltschaft will die beiden Anführer der rechtsextremen Jugendbewegung Junge Tat vor Gericht ziehen. Drei Jahre lang habe die Staatsanwaltschaft gegen die beiden Mittzwanziger ermittelt, berichtet der Blick. Noch sei nicht bekannt, was genau den beiden vorgeworfen wird, doch es dürfte sich um ein ganzes Bündel an mutmasslichen Straftaten handeln.

Ruag vs. Venezuela · Der Schweizer Konzern Ruag schuldet Venezuela sieben Flugzeuge oder 35 Millionen (inklusiv Zinsen). 2013 hat das Land Ruag zehn Flugzeuge abgekauft und dafür einen Vorschuss von 50 Millionen Franken gezahlt, die Hälfte des vereinbarten Vertrags. Ruag konnte jedoch nur drei Flugzeuge im Wert von 20 Millionen Franken liefern, weshalb Venezuela seit zehn Jahren versucht, die Flugzeuge oder das Geld zu erhalten. Da dies bis heute nicht gelungen ist, droht das Land nun mit dem Gang vor Gericht, wie die Tamedia-Zeitungen berichten.

Hilfe Japankäfer · Der Japankäfer hat sich in der Schweiz stark ausgebreitet. Besonders im Tessin verursacht die invasive Art erhebliche Schäden an den Pflanzen. Um die weitere Verbreitung des Käfers zu verhindern, hat der Bund einen Notfallplan ausgearbeitet, wie der Blick berichtet. Gelingt die Eindämmung nicht, drohen Schäden von mehreren hundert Millionen Franken pro Jahr.

International

Ukrainischer Unabhängigkeitstag · Von einer Mischung aus Stolz und Sorge berichtet der SRF-Korrespondent vom ukrainischen Unabhängigkeitstag. In der Ukraine rechne niemand mit baldiger Waffenruhe oder einem Ende des Krieges. Doch die Ukrainer:innen seien stolz, dass sie diesen Tag überhaupt noch feiern könnten.

🔧 Nützliches des Tages

Podcast: Alles Gesagt mit David Remnick

Alternativ darfst du zum Hören auch kabellose Kopfhörer benutzen. (Foto: Unsplash)

Eine weitere «Alles gesagt»-Empfehlung: Die Folge mit dem Editor des «The New Yorker», David Remnick. Er ist einer der härtesten Kritiker Trumps in den amerikanischen Medien.

In der Folge erzählt er von der Entstehung des Kult-Magazins, von den turbulenten Anfangszeiten und davon, wie es heute ist, Chefredaktor zu sein. Die Original-Folge ist auf Englisch, doch es gibt auch eine KI-Übersetzung auf Deutsch, die gar nicht einmal so schlimm ist, wie es klingt. Ausserdem hat sie nur etwa ein Drittel der Länge wie die Folge mit Heidi Reichinnek, die ich zuletzt empfohlen habe.

🎲 Rätsel zum Schluss

Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.

Das Wochenthema: Sport

So funktioniert es:

  • Du gibst ein Wort ein.

  • Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.

  • Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.

  • Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.

Viel Spass beim Knobeln!

Bis morn!

Sofie

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