Guten Morgen {{vorname}}
Heute bricht meine letzte offizielle Woche als 6iBrief-Schreiberin an. Das macht mich jetzt schon traurig, doch zum Trübsaal blasen, bleibt noch genügend Zeit.

Vorerst kümmern wir uns um die News: Es geht um einen «Vorfall» in Lausanne, Frühfranzösisch und Keller-Sutters Telefonat mit Trump.

Lausanne · Täter gefasst

Auto fährt in Palästina-Demo — wenig Infos bekannt

Samstagabend, kurz vor 19.00 Uhr. In Lausanne sitzen Teilnehmer:innen einer Pro-Palästina-Demonstration am Boden. Sie halten eine Schweigeminute ab. Dann fährt ein Auto in die Menge der Demonstrant:innen.

Dies zeigt Baba News in einer Videoaufnahme auf Instagram und kritisiert: «Was in anderen Kontexten als potentieller ‹Terror-Anschlag› europaweit für Schlagzeilen gesorgt hätte, wird in der jetzigen Berichterstattung lediglich als ‹Vorfall› bezeichnet.» In einem zweiten Post heisst es: «Anders als in ähnlichen Fällen stellen die Medien kaum Fragen nach den Hintergründen».

Und tatsächlich, gut 24 Stunden später, wird das Geschehen in den deutschsprachigen Medien lediglich als Kurz-News abgehandelt. Folglich sind noch nicht viele Infos bekannt.

In der Pressemitteilung der Lausanner Polizei steht, dass zwei Personen «leicht verletzt» wurden, jedoch «nicht vor Ort medizinisch versorgt werden mussten». In Titel und Lead der Medienmitteilung (da, wo die wichtigsten Informationen stehen müssten) werden die Verletzten nicht erwähnt – sehr wohl jedoch, dass die Demonstration nicht bewilligt gewesen sei. («Als sei dies für den Vorfall irgendwie von Bedeutung», zitiere ich Baba News.)

Die Polizei habe sich zum Motiv des Autofahrers nicht äussern wollen, schreibt SRF. Zuvor habe sie jedoch angegeben, die Person im Auto sei scheinbar «beim Anblick der Menschenmenge in Panik geraten».

Da die meisten Medien mehr oder weniger dasselbe schreiben, möchte ich (nebst der m.M.n. validen Kritik von Baba News) noch auf den Artikel der CH-Media-Zeitungen hinweisen. Diese haben auch im Internet nach Videos und Stimmen von Anwesenden geforstet und das Geschehen kontextualisiert. So gebe es zum Beispiel viel Kritik am Vorgehen der Polizei, die den Täter «mit Samthandschuhen» angefasst und ihm noch die Hand geschüttelt hätten.

Nach Zürichs Entscheid es abzuschaffen

Frühfranzösisch: Vielleicht wird der Bund aktiv

Elisabeth Baume-Schneider ist als Vorsteherin des Innendepartements zuständig für die Sprachenpolitik. (Screenshot: Sonntagszeitung)

À quel âge avez-vous appris le français ? Diese Frage werden Zürcher Schüler:innen in Zukunft anders beantworten wie bisher. Denn das Parlament beschloss vergangene Woche, dass Französisch künftig erst in der Sekundarschule zu unterrichtet werden solle (ich berichtete). Dies, obwohl Kritiker:innen vor einem fatalen Zeichen an die Westschweiz warnten.

Dies bestätigt sich nun. Zur Sonntagszeitung sagte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, der Zürcher Entscheid sei ein «Affront», der auf Unverständnis stosse.

Die Schule sei ein Ort der Integration und der Identitätsbildung. «Selbstverständlich lernt man hier auch die Landessprachen», sagt sie. In einem gewissen Sinne gefährde der Entscheid auch den nationalen Zusammenhalt.

«Es schien uns Westschweizer Kantonen wie ein Verlust eines Stücks dessen, was uns als Schweiz ausmacht. Aber wir haben das akzeptiert.»

Elisabeth Baume-Schneider, Bundesrätin

Sie werde das Thema noch diesen Monat in den Bundesrat bringen und die Optionen präsentieren. Sollte sich abzeichnen, dass die Kantone die zweite Landessprache nicht mehr in der Primarschule unterrichten wollen, sei sie dafür, dass der Bund den Landessprachenunterricht vorschreibe.

Als man sich vor 20 Jahren auf den Sprachen-Kompromiss geeinigt habe, sei es für die Romands ein grosser Schritt gewesen, zu akzeptieren, dass die Deutschschweizer Kantone den Englischunterricht dem Französisch vorziehen können. «Es schien uns Westschweizer Kantonen wie ein Verlust eines Stücks dessen, was uns als Schweiz ausmacht. Aber wir haben das akzeptiert.» Wenn man jetzt noch weiter gehe und Französisch gar nicht mehr in der Primarschule unterrichten wolle, sei das ein Bruch des damaligen Versprechens.

Waadt · Er sei gefoltert worden

Entführung mit Erpressung: Jetzt spricht das Opfer

Hier sei das Opfer festgehalten worden. (Screenshot: CH-Media respektive RTS)

Was sich Ende August an der französischen Grenze ereignete, klingt wie der Stoff aus einem nordischen Krimi. Am Freitagabend, 29. August, bekam die Waadtländer Kantonspolizei einen anonymen Anruf, berichten die CH-Media-Zeitungen.

Der Anrufer habe ein Video erhalten, das zeige, wie sein Freund gegen seinen Willen an einem unbekannten Ort zwischen der Schweiz und Frankreich festgehalten werde. Die Erpresser hätten 300.000 Euro Lösegeld gefordert.

Letzten Sonntag konnte die Polizei die Täter schliesslich in der französischen Stadt Valence schnappen und den Gefangenen befreien. Er befand sich mit verbundenen Augen und gefesselt in einer Wohnung. «Der Mann stand stark unter Schock. Ich denke, er sah mehrmals den Tod vor Augen», sagte der Kommandant der Eliteeinheit, gegenüber France Info.

Eine Woche danach, an diesem Wochenende, konnte RTS mit dem Opfer sprechen. Dieser berichtet Schreckliches erlebt zu haben und widerspricht damit der Darstellung einiger französischer Medien, wie RTS schreibt. Diese hätten von einer «einfachen Entführung» geschrieben. Doch der 22-Jährige berichtet nun von extremer Gewalt. Er sei vier Tage lang gefoltert worden.

Bei der Entführung sei es wohl um Kryptowährung gegangen. In Frankreich hätten in den letzten Monaten mehrere Erpressungsfälle im Bereich der digitalen Währungen für Schlagzeilen gesorgt, schreiben die CH-Media-Zeitungen. Das Opfer sagt, dass es die Täter auf seine im Kryptobusiness tätigen Freunde abgesehen hätten. Dass er im Internet für Kryptowährungen geworben habe, dementiert er. Die sieben Verdächtigen sitzen mittlerweile in Untersuchungshaft.

Aufgeschnappt

Nach Keller-Sutters Gespräch mit Trump: Amis warnten andere Länder

Parmelin hat wohl aus dem Nähkästchen geplaudert. (Foto: admin.ch)

Als Journalist:in gibt es verschiedene Wege an eine Story zu kommen. Mal wird man aus dem Freund:innen-Kreis auf etwas aufmerksam gemacht und manchmal geht es darum eine aktuelle politische Debatte zu ergründen.

Es kommt aber auch vor, dass ein Bundesrat an einem Mittagessen mit Politiker:innen Geschichten erzählt, die von nationalem Interesse sein können.

So geschehen in diesem Fall. Wie die Tamedia-Zeitungen berichten, hat Wirtschaftsminister Guy Parmelin Details über Karin Keller-Sutters Telefonat ausgeplaudert. Dies hätten der Zeitung mehrere Quellen unabhängig voneinander gesteckt.

Die Geschichte geht wie folgt: An dem Tag an dem Keller-Sutter mit Trump telefonierte, verlief dieses so schlecht, dass die Amerikaner andere Länder vor dessen schlechter Laune warnten und rieten, die Telefonate abzusagen.

Unterstützer:innen der Bundespräsidentin sehen die Warnungen der US-Behörden an andere Länder als Beweis, dass die Eskalation nicht Keller-Sutters Verschulden gewesen sei, schreiben die Tamedia-Zeitungen. Es zeige, dass Trump an diesem Tag schlicht schlecht gelaunt gewesen sei.

Kurz-News

Frauen in der Armee · Bis 2030 soll der Frauenanteil in der Armee auf mindestens zehn Prozent erhöht werden. Damit das gelingen kann, soll nun mehr Geld her. Denn, der sogenannte Erwerbsersatz orientiert sich am Lohn, den eine Person ausserhalb des Militärdienstes verdienen würde – ungeachtet ihres Ranges im Militär. Dies sei ein «systemischen Nachteil», der vor allem Frauen betreffe, sagt FDP-Nationalrat Marcel Dobler. Er fordert deshalb, dass diese negativen finanziellen Anreize abgebaut werden – geschlechtsunabhängig auch für Männer in vergleichbaren Situationen, wie 20 Minuten berichtet.

Schon wieder wurde ein Bauer bestohlen · Diesmal handelt es sich jedoch um einen deutlich teureren Verlust als Kartoffeln, über die ich zuletzt berichtete. In der Nacht auf Samstag sind in Rupperswil AG acht Schafe entwendet worden. Und es wird noch kurioser: Denn wie Watson schreibt wurden weder die Hecke um die Weide beschädigt noch der Strom im Elektrozaun um die Weide abgeschaltet. Wie genau die Schafe also entwendet wurden, bleibt unklar – geflogen sind sie ja wohl nicht.

International

Israel bombardiert Hochhäuser · Israel hat in einem Grossangriff begonnen, Wohnhochhäuser in Gaza zu zerstören. Dies widerspreche den völkerrechtlichen Grundsätzen, sagt ein Experte in der NZZ. Israel habe im Süden Gazas eine neue sogenannte humanitäre Zone rund um Khan Yunis definiert. Die Angriffe sollen allenfalls auch einen psychologischen Effekt auf die Bevölkerung haben und sie animieren, dorthin zu fliehen. Dies, obwohl es dort so gut wie keine Infrastruktur gebe.

🔥 Ausraster Erschöpfung des Tages

Gaza Berichterstattung

Wie gehst du damit um? (Foto: Unsplash)

Es fällt mir schwer, mich zur aktuellen Lage in Palästina zu informieren. Sich tagtäglich mit diesem Unrecht auseinanderzusetzen erfordert viel mentale Kraft, die ich nicht immer habe.

Zumal es manchmal auch schwer ist, eine Berichterstattung einzuschätzen. So erreichte mich etwa am Wochenende ein Hinweis zu diesem Artikel in der NZZ.

Darum geht es um israelische Reservisten (also Armeezugehörige) und deren Traumata. «Gaza lässt sie nicht los – einige sehnen gar den nächsten Einsatz herbei», heisst es darin. Und: «Um dennoch einen möglichst guten Übergang vom Kampf ins zivile Leben zu schaffen, nehmen die Soldaten an einem dreitägigen ‹Retreat› in einer Villa im Norden Israels teil. Hier sollen sie reflektieren, sich öffnen, entspannen».

Es fällt mir schwer Worte dafür zu finden, was dieser Artikel bei mir ausgelöst hat. Ich werde es nicht versuchen.

Statt mich aufzuregen möchte ich einen sinnvollen Hinweis geben und dir zwei Podcast-Folgen von «Das Politikteil» der Zeit empfehlen. In beiden kommt der Zeit Journalist Yassin Musharbash zu Wort.

Musharbash findet erfrischend klare Worte für das Geschehen in Gaza. Beide Folgen habe ich mehrmals gehört. Ich kann sie sehr empfehlen. Auch weil sie journalistische Orientierung in dieser schweren Zeit geben.

🎲 Rätsel zum Schluss

Errate im 6iBrief Rätsel das gesuchte Wort in höchstens sechs Versuchen. Jeden Tag gibts ein neues Wort zu erraten.

Das Wochenthema: Deutschland

So funktioniert es:

  • Du gibst ein Wort ein.

  • Grün: Buchstabe ist richtig und am richtigen Ort.

  • Orange: Buchstabe ist im Wort, aber an der falschen Stelle.

  • Grau: Buchstabe kommt im Wort nicht vor.

Viel Spass beim Knobeln!

Bye Bye!

Sofie

PS. Unser Korrektorat hat heute frei, vergib mir, wenn du orthographische Fehler findest. <3

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